: Gericht erteilt Flughafen Nachhilfe
BER Erneut stellt ein Urteil fest, dass der Lärmschutz, den die Flughafengesellschaft den Anrainern in Schönefeld zugesteht, ungenügend ist. Die Nachbesserungen dürften 300 Millionen Euro kosten
Dieses Urteil ist eine 300 Millionen Euro schwere Ohrfeige für die Flughafengesellschaft und Brandenburgs Infrastrukturministerium: In 14.000 Wohnungen nahe dem BER darf künftig der Fluglärm kein einziges Mal am Tag die Gesprächslautstärke von 55 Dezibel übersteigen, entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) am Donnerstagabend. Die bislang von der Flughafengesellschaft angebotenen Schallschutzmaßnahmen reichten nicht aus, gesetzliche Auflagen würden „systematisch verfehlt“. Das aufsichtführende Infrastrukturministerium sei hinter dem eigenen Planfeststellungsbeschluss zurückgeblieben.
Diesen Beschluss hatte die Flughafengesellschaft zunächst so interpretiert, dass die 55-Dezibel-Grenze sechsmal am Tag überschritten werden könne, nach einer OVG-Entscheidung im Juni 2012 verfügte das Infrastrukturministerium eine Korrektur der Zahl auf 0,5 – also eine Überschreitung alle zwei Tage. Anwohner und Gemeinden klagten erneut und bekamen nun wiederum Recht. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht schloss das OVG aus.
Bezahlen – oder zahlen
Der Flughafen muss nun dem rigiden Lärmschutz Rechnung tragen: einerseits indem er Anwohnern besseren Schallschutz bezahlt, andererseits indem er Grundstücksbesitzer entschädigt, wo die 55 Dezibel doch überschritten werden. Das erhöht die Kosten von den zuletzt kalkulierten 285 auf 591 Millionen Euro.
Die mitregierende Linke im Potsdamer Landtag begrüßte das Urteil: „Null heißt null, ohne Wenn und Aber“, so die verkehrspolitische Sprecherin Kornelia Wehlan. Der BER brauche die Akzeptanz in der Region. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kündigte dagegen nur die rasche Prüfung des Urteils an. Deutliche Kritik an der Landesregierung übte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Jungclaus: „Die Regierung hat zugelassen, dass die Flughafengesellschaft die Anrainer mit Billigschallschutz abspeisen wollte. Das Urteil ist die Quittung dafür.“
Fluglärmgegner kündigten an, die Flughafeneigner mit Protestaktionen weiter unter Druck setzen zu wollen. Eine Menschenkette soll das Rote Rathaus am 4. Juni umzingeln, wenn Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sein Hoffest abhält. Vier Tage später soll eine Großdemo in Schönefeld folgen. Vorrangiges Ziel der Proteste ist die Umsetzung des erfolgreichen Brandenburger Volksbegehrens für ein Nachtflugverbots am BER zwischen 22 und 6 Uhr – notfalls im Alleingang. SEBASTIAN PUSCHNER
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