: Täuschungsvorwurf beim Volksentscheid
ENERGIENETZE Für den Volksentscheid-Experten Walter Scheuerl widerspricht neue Energie-Genossenschaft einer echten Rekommunalisierung. Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ und Grüne sehen’s anders
ENERGIENETZ HAMBURG
Von einem „Täuschungsmanöver“ beim Volksentscheid über Hamburgs Energienetze spricht der parteilose Bürgerschaftsabgeordnete Walter Scheuerl. Die Gründung der Genossenschaft Energienetz Hamburg (ENH) am vorigen Freitag stehe „in direkter Konkurrenz zu dem Anliegen, das beim Volksentscheid verfolgt wird“, so Scheuerl, der für die CDU-Fraktion im Parlament sitzt. Die ENH hatte erklärt, sich an einem Rückkauf des Hamburger Stromnetzes beteiligen zu wollen.
Voraussetzung dafür ist, dass beim Volksentscheid am 22. September eine Mehrheit dafür stimmt, den Energiekonzernen Vattenfall und Eon die Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme zu entziehen und diese unter öffentliche Kontrolle zu stellen. Die ENH strebe für das Stromnetz „eine kommunale Partnerschaft mit Hamburg an“, so Aufsichtsratsmitglied Lukas Beckmann. „Wir wollen unser Stromnetz kaufen, um von Konzernen und Großkraftwerken zu einer gemeinnützigen Trägerschaft mit dezentraler und erneuerbarer Erzeugung zu kommen.“
Die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ will mit dem Referendum eine 100-prozentige Rekommunalisierung der Verteilernetze erreichen. Der SPD-Senat hat sich lediglich mit 25,1 Prozent an den Netzbetreibergesellschaften beteiligt und hält das für ausreichend. Aus Schuerls Sicht wäre eine ENH-Mitwirkung jedoch eine „privatwirtschaftliche“ Beteiligung – und deshalb „keine Umsetzung des Volksentscheids“.
Die Netzinitiative sieht das anders: „Die neue Genossenschaft verstärkt das bürgerschaftliche Engagement in Hamburg und kann sich am Netzrückkauf und an der Energiewende beteiligen“, heißt es in einer Presseerklärung des Bündnisses. Dadurch könnten „viele Bürger für zusätzliche Transparenz sorgen und zur Finanzierung des Rückkaufs beitragen“. Die Grünen in der Bürgerschaft halten eine unternehmensrechtliche Trennung für erforderlich. Dabei bekäme die Stadt „eine Mehrheit“ an einer Eigentumsgesellschaft, unter deren Dach eine zu 100 Prozent städtische Betriebsgesellschaft arbeite, so Fraktionschef Jens Kerstan: „Netzbetrieb unter städtischer Regie und Bürgerrendite statt Konzernprofiten – das ist der richtige Weg zu einer echten Energiewende in Hamburg.“ SVEN-MICHAEL VEIT
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