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Israel bombardiert Ziele in Damaskus

NAHOST Syrien spricht nach dem Luftangriff auf eine Waffenlieferung für die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon von einer „Kriegserklärung“. Israel stationiert vorsorglich Raketenabwehrwaffen im Norden des Landes

„Die Häufigkeit der Angriffe erhöht das Risiko einer Reaktion“

AMOS HAREL, ZEITUNG „HA’ARETZ“

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Aus Sorge vor Vergeltungsschlägen postierte die israelische Armee am Sonntag mehrere Raketenabwehranlagen im Norden des Landes. Zum zweiten Mal innerhalb von nur 48 Stunden hatte die Luftwaffe zuvor in der syrischen Hauptstadt Damaskus Waffentransporte für die libanesisch Schiitenmiliz Hisbollah angegriffen. Ziel waren offenbar Raketen vom Typ Fatach 110.

Syrien drohte Israel mit Vergeltung. Vize-Außenminister Faisal al-Makdad sprach von einer „Kriegserklärung“. Es handelte sich um den dritten Angriff der israelischen Luftwaffe auf syrischem Territorium gegen iranische Waffenlieferungen an die Hisbollah seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs.

Minister in Jerusalem halten sich mit seitdem peinlicher Sorgfalt an die Vorgabe, die blutigen Vorgänge beim Nachbarn nicht zu kommentieren. Jede Einmischung könnte kontraproduktiv sein. Kein Syrier wünscht sich offene Sympathie vonseiten des traditionellen Feindes. Ebenso reagierte die israelische Armee bisher mit Bedacht auf die syrischen Geschosse, die sich mehrmals auf den israelisch besetzten Golan verirrten.

Das Problem, das Israel mit den iranischen Langstreckenraketen hat, ist nicht nur deren Reichweite, sondern ihre Treffsicherheit. Israel, so kündigte Verteidigungsminister Jaalon vor wenigen Wochen an, werde verhindern, dass moderne Waffen in die Hand des Feindes geraten.

Offiziell geht es Israel um die Verhinderung dieser Waffentransporte, wobei aus dem Libanon Berichte vorlagen, dass in Damaskus ein Waffenlager und ein Luftwaffenzentrum getroffen worden seien. Dortigen Anwohnern zufolge habe durch die nächtliche Explosionen die Erde gebebt. „Die Nacht wurde zum Tag“, sagte ein Mann gegenüber der Agentur Reuters. In Syrien war zunächst von einem militärischen Forschungszentrum als Angriffsziel die Rede. „Der neue israelische Angriff ist ein Versuch, die Moral der terroristischen Gruppen aufzubauen, die von unserer noblen Armee niedergewalzt wurden“, hieß es im syrischen Fernsehen.

Während sich Israels Ministerpräsident nicht äußerte, lobte Amos Yadlin, ehemals Chef der militärischen Abwehr, das „hohe Niveau des Nachrichtendienstes und der militärischen Fähigkeiten“. Iran und die Hisbollah verletzten die UN-Resolution, die bestimmt, dass die Hisbollah entwaffnet wird und ihr auch in Zukunft keine Waffen geliefert werden dürfen.

US-Präsident Barack Obama zeigte Verständnis für die Angriffe. „Die Israelis müssen berechtigterweise gegen den Transfer moderner Waffen an terroristische Organisationen wie Hisbollah vorgehen“, kommentierte Obama.

Für Schlagzeilen sorgte in den letzten Wochen der Einsatz von C-Waffen im syrischen Bürgerkrieg. Nach Schätzung des israelischen Abwehrdienstes verfügt Syrien über 1.000 Tonnen C-Waffen, darunter Sarin und VX. Israels Sorge gilt der Möglichkeit, dass das syrische Giftgas in die falschen Hände gerät. Für Verteidigungsminister Jaalon gehören neben dem „Transfer moderner Waffen an Schurkenstaaten“ und die Verletzung von Israels Souveränität entlang der Grenze auch „chemische Waffen in den Händen der Rebellen“ zu den roten Linien Israels.

Die Stationierung des Raketenabwehrsystems Eisenkuppel in den nordisraelischen Städten Haifa und Sefad ist ein Indiz dafür, dass der Sicherheitsapparat Vergeltungsschläge, sei es durch Syrien oder durch die die Hisbollah, nicht länger ausschließt. „Die Häufigkeit der Angriffe erhöht das Risiko einer Reaktion“, schreibt Amos Harel von der liberalen Tel Aviver Tageszeitung Ha’aretz.

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