piwik no script img

Ein selbst gewählter Abgang

BÜGE UND DIE BURSCHIS

Fachlich, teilte CDU-Sozialsenator Mario Czaja zum Abschied mit, habe sein Staatssekretär Michael Büge „gute Arbeit“ geleistet. Aber die nicht endende Diskussion über dessen Steglitzer Burschenschaft Gothia habe die Sacharbeit zunehmend „erschwert“. Am Dienstag war Büge seinen Posten los.

Da muss also einer gehen, der, hört man sich um, ordentlich gearbeitet habe und nicht als Ideologe aufgefallen sein soll. Alles nur wegen einer Studentenverbindung?

Es sei erinnert: Es war Büge selbst, dem der Umgang seiner Gothia offenbar nicht ganz behagte. Einer schlagenden Verbindung, die bis heute Redner aus dem Rechtsaußenmilieu einlädt und sich mit dem Slogan „politisch unkorrekt seit 1877“ bewarb. Die bis vor ein paar Monaten Mitglied der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ war, ein Verbund, den Experten als „weitgehend rechtsextrem“ bezeichnen. Und die bis heute dem ebenfalls nach rechts driftenden Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ angehört, den deshalb jüngst rund zwanzig liberale Bünde verließen.

Es war Büge, der im Dezember, als erste Rücktrittsforderungen auftauchten, ein Ultimatum stellte: entweder die Gothia verlässt auch die „Deutsche Burschenschaft“. Oder er verlasse die Gothia. Die Gothia aber blieb. Und Büge, von Czaja an sein Ultimatum erinnert, entschied sich gegen den Staatssekretärsposten – und für die Burschenschaft.

Offenbar hätte Büge, seit 1989 Gothia-Mitglied, andersherum mehr verloren. Einen Freundeskreis und ein Netzwerk, von dem er sich nun einen ähnlich lukrativen Job erhofft und das ihn bereits als „Aufrechten“ feiert. Und wohl auch eine politische Heimat: Gab Büge nach seiner Entlassung sein erstes Interview doch just der Rechtsaußenpostille Junge Freiheit.

Die Gothia bleibt derweil weiter in einem Dachverband, der sich „dem Einsatz für das Vaterland“ verpflichtet. Der über ausreichend „arische“ Wurzeln seiner Mitglieder diskutiert. Und dessen vorstehende Burschenschaft das „völkische Wesen“ pflegt. Auch dafür hat sich Büge nun entschieden. Auch das ist ein Statement. KONRAD LITSCHKO

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen