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Kampf der Konservativen geht weiter

FRANKREICH Nach der Demonstration mit über 100.000 Teilnehmern gegen die Homo-Ehe kommt es in Paris zu Ausschreitungen. 350 Personen werden festgenommen. Die Frage ist, was aus der Bewegung wird

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Für eine Abschiedsveranstaltung war der Aufmarsch bei der Demonstration gegen die in Frankreich gesetzlich eingeführte Homo-Ehe am Sonntag doch mehr als beachtlich. Laut Polizei waren es 150.000. Die Organisatoren multiplizierten die Zahl der TeilnehmerInnen wie üblich, sie sprechen von mehr als einer Million. Ebenso selbstbewusst erklärt nach diesem Mobilisierungserfolg die Sprecherin der Bewegung „La Manif pour tous“ (der Name „Demo für alle“ ist eine Anspielung auf das Homo-Ehe-Gesetz mit dem Titel „Heirat für alle“), Ludovine de la Rochère: „Das ist die bedeutendste soziale Bewegung in Frankreich seit dem Mai 68.“

Der Vergleich mit der Jugendrevolte vom Mai 1968 kommt nicht von ungefähr. Im Verlauf der letzten Monaten wurde diese ultrakonservative Ablehnungsfront gegen die Rechte der Homosexuellen oft als „Anti-Mai 68“ bezeichnet. Neben dem eigentlichen Anlass ging es vielen DemonstrantInnen immer mehr auch um eine reaktionäre Verurteilung der gesellschaftlichen Liberalisierung, für die vor 35 Jahren gekämpft worden war.

Angesichts dieser politischen Bedeutung und der eindrücklichen Zahl der Protestierenden aus ganz Frankreich fiel es vielen schwer, einfach nach Hause zu gehen. Hatten sie doch in den Straßen von Paris während der Kundgebung im Chor geschworen: „Wir geben nicht klein bei. Niemals! Niemals! Niemals!“

Nachdem die oft kinderreichen Familien den Platz vor dem Pariser Invalidendom verlassen hatten, begannen ein paar hundert Jugendliche, angestachelt von Rechtsextremisten, Steine und andere Wurfgeschossen auf das massive Polizeiaufgebot zu schleudern. Diese waren, wie üblich in solchen Situation, bei ihrer Antwort mit Tränengas und Gummiknüppel nicht besonders zimperlich. Insgesamt 350 Personen wurden festgenommen, 250 wurden laut Innenminister Manuel Valls inhaftiert.

Bereits am Nachmittag war es einigen Mitgliedern gelungen, beim Sitz der Sozialisten an der Rue Solferino auf den Balkon zu klettern und dort ein Spruchband mit der Aufschrift: „Hollande Démission“ zu befestigen.

Am Montag fragt man sich in den Medien, ob nach der letzten Demo diese Bewegung als eigenständige politische Kraft weiter existieren kann. Die meisten Politologen zweifeln daran. Ein Teil der Homo-Gegner wird jedoch bei der nächstbesten Gelegenheit gegen jede weitere Liberalisierung – bei Themen wie Sterbehilfe oder Fragen der medizinischen Ethik – wieder allergisch reagieren und Druck machen.

Mit diesem drohenden Widerstand von ultrakonservativen Bevölkerungsteilen, deren Existenz man in den Medien bisher weitgehend ignoriert hatte, muss nun auch Präsident François Hollande rechnen. An die Geburt einer „neokonservativen“ Organisation wie der „Tea Party“-Bewegung in den USA glauben die wenigsten. In den Reihen der Homo-Ehe-Gegner gab es jedoch viele junge Menschen, die sich bei der Organisation von Kundgebungen und anderen Protestaktionen neu politisiert haben. Ihnen geht nicht nur das Recht auf Ehe und Adoption für homosexuelle Paare viel zu weit. Und an rechten Parteien und rechtsextremen Gruppen sowie religiösen Zirkeln, die sich ihnen als politische Heimat empfehlen, mangelt es nicht.

Mit einem plumpen Rekrutierungsversuch in den Reihen der Demonstration am Sonntag hat der Chef der rechten UMP, Jean-François Copé, die internen Spannungen in seiner Partei verschärft. Die UMP-Führung hatte, im Unterschied zum rechtspopulistischen Front National, im Kampf gegen die Homo-Ehe alles auf eine Karte gesetzt – ein Kampf, der nicht zu gewinnen war und nun chaotisch endet.

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