piwik no script img

Blockupy stört den Geschäftsablauf

PROTEST Tausende demonstrieren in Frankfurt gegen den Kapitalismus – und blockieren die EZB

Viele Läden entschieden sich, ihre Türen zu schließen, die Kunden konnten nicht mehr einkaufen

Das linke Blockupy-Bündnis hatte die Bankenstadt Frankfurt am Freitag fest im Griff: Bereits am frühen Morgen zogen rund 2.000 Demonstranten vom Zeltcamp nahe der Messe zur Europäischen Zentralbank (EZB). Ihr Ziel: „Den üblichen Geschäftsablauf öffentlich sichtbar zu stören.“

Die Polizei ließ die Demonstranten zunächst gewähren – bis kurz vor dem EZB-Gebäude. Dort warteten Hamburger Gitter, Wasserwerfer und ein Großaufgebot der Polizei, die ein Weiterkommen verhinderten. So verteilten sich die Protestierer auf mehrere Blockadepunkte. Diese beeinflussten nicht nur das öffentliche Leben in der Innenstadt – Bahnen fuhren nicht, Geschäfte mussten dichtmachen –, sondern auch das der Banken: Etliche Kreditinstitute blieben geschlossen, Mitarbeiter blieben zu Hause oder versuchten, ohne Anzug und Krawatte unerkannt zu ihrer Arbeitsstätte zu gelangen, was ihnen teilweise gelang.

Die Blockade der EZB gelang dem Bündnis aber anscheinend nicht: „Wir haben am Freitag gearbeitet, auch an Ausweichorten“, so eine EZB-Sprecherin. Ein Polizeisprecher schätzte die Lage ähnlich ein: „Die EZB war nicht völlig blockiert, die Angestellten kamen zur Arbeit, also mussten wir die Blockaden nicht auflösen.“ Blockupy hingegen wertet die Aktion als Erfolg: „Die EZB ist mit mehr als 3.000 Menschen blockiert worden“, so ein Sprecher. Ob wirklich vereinzelt EZB-Mitarbeiter ihre Arbeitsstätte erreichten, war in der unübersichtlichen Lage rund um die Bank nicht eindeutig festzustellen.

Gegen 10 Uhr verließen die Demonstranten die EZB – um sich der zweiten Welle der Aktionen zu widmen: Demos und Blockaden waren für den Nachmittag an mehreren Orten geplant. Rund 300 Kapitalismuskritiker demonstrierten vor den Türmen der Deutschen Bank gegen „neokolonialen Landraub und Spekulationen auf Nahrungsmittel“. Auch am Frankfurter Flughafen protestierten etwa 800 Aktivisten gegen Abschiebung und Rassismus. Der größte deutsche Airport ist nämlich zugleich das Abschiebedrehkreuz der Republik.

Die größte Aktion dieses Nachmittags fand auf der Einkaufsstraße Zeil statt. Blockupy wollte hier „die brutalen Arbeitsverhältnisse der globalen Textilproduktion“ thematisieren. Insgesamt waren rund 1.000 AktivistInnen vor Ort und blockierten in Kleingruppen über zwei Stunden hinweg die Eingänge verschiedener Geschäfte. Wegen der vielen Passanten war die Polizei sichtlich überfordert – und kam bei etlichen Blockaden zu spät. Viele Läden entschieden sich zudem, ihre Türen zu schließen, die Kunden konnten nicht mehr einkaufen. „Ein vorauseilender Gehorsam, der uns in die Hände spielt“, so ein Aktivist. Insgesamt blieben die Proteste bis Redaktionsschluss friedlich.

Blockupy bewertet den Aktionstag als vollen Erfolg: „Wir haben den kapitalistischen Normalbetrieb massiv gestört“, so Bündnissprecher Hanno Bruchmann. Für Samstag planen die Kapitalismuskritiker eine „aktivistische Demonstration, bei der wir ebenfalls Krisenakteure markieren wollen“, so Bruchmann. Das Bündnis rechne mit „über 10.000 Teilnehmern“. TIMO REUTER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen