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Kein Kommentar!Dieser Ärger mit der Freiheit

Die Meinungsfreiheit: eine, seufz, nicht immer einfache Sache. Gerade nicht in diesen Tagen. Weil sie ja unbedingt gelten muss (jedenfalls solange man wie unsereiner nicht glaubt, dass es irgendeine Instanz gibt, die objektiv und für alle Zeiten sagen kann, was Sache ist), sieht man sich plötzlich genötigt, Karikaturen zu verteidigen, die man für unerheblich bis dämlich hält (außer der mit den ausgegangenen Jungfrauen im Himmel, die war doch hübsch!). Und nun ist auch noch die nationalkonservative Junge Freiheit dran. Das ist zwar in ihrer Relativierung des Holocaust ein Drecksblatt. Trotzdem ist es nicht gut, dass sie nun von der Leipziger Buchmesse ausgeschlossen wurde. Soll doch jeder, der möchte, den Käse lesen, den die verzapfen! Allein schon, weil man ihnen die Märtyrerpose nicht gönnt, in die sie sich nun wieder werfen werden. Außerdem ist so eine Messe dafür da, dass man möglichst viele gedruckte Meinungen kennen lernen kann. Jedenfalls von solchen, die nicht verboten sind. Und verboten ist die Junge Freiheit nun keineswegs.

Die Leipziger Messeleitung hat in diesem Fall also falsch entschieden. Das zu meinen heißt aber noch lange nicht, dass man auch den Aufruf unterschreiben würde, den die Junge Freiheit lanciert und gestern als Anzeige in der SZ veröffentlicht hat. Daraus, die Meinungsfreiheit zu verteidigen, folgt eben keineswegs, dass man sich nun mit der Jungen Freiheit gemein machen will oder gar muss. Zudem lässt sich an dem Aufruf auch gut zeigen, wie dieses Presseorgan selbst mit der Freiheit zu einer eigenen Meinung umgeht – verantwortungsvoll ist das keineswegs und in diesem besonderen Fall sogar ausgesprochen manipulativ.

Im Aufruf, „Appell für die Pressefreiheit“ betitelt, wird behauptet, die Ausladung sei „politisch motiviert“ gewesen. Dem widerspricht die Messeleitung entschieden. Vielmehr befürchtete die Messe Protestaktionen gegen eine geplante Veranstaltung zum 20-jährigen Bestehen des Verlages der Jungen Freiheit während der Messe. Klartext: Sie wollten keinen Ärger. Ob das richtig ist? Eher nein. Aber es ist eben keine politisch motivierte Ausladung. „Einen Stand hätten wir zugelassen“, sagte Messesprecherin Heike Fischer gestern der dpa. Politische Verfolgung sieht anders aus.

Den Aufruf unterschrieb dann übrigens eine ziemlich illustre Mischung von journalistischen Kollegen und sonstigen Intellektuellen: Joachim Fest und Helmut Markwort etwa, Heinrich Lummer und Robert Spaemann, Klaus Rainer Röhl und Thor Kunkel, Arnulf Baring und Ernst Nolte, Eckhard Henscheid und Peter Gauweiler. Unter den angeführten 57 Erstunterzeichnern finden sich nur zwei Frauen. Das spricht nicht unbedingt für das männliche Geschlecht. DIRK KNIPPHALS

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