piwik no script img

„Wir sind zu Gesprächen mit Koalition bereit“

FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lehnt eine Grundgesetzänderung nicht grundsätzlich ab

taz: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ist die FDP bereit, mit der Regierung über eine Grundgesetzänderung zu reden?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Reden kann man immer, aber die bisherigen Pläne des Innenministers zum Einsatz der Bundeswehr im Inland werden wir auf keinen Fall unterstützen.

Jetzt gibt es aber neue Vorschläge. Justizministerin Zypries sagt, man sollte das Grundgesetz so ändern, dass der Abschuss von angreifenden Flugzeugen erlaubt wird, in denen keine Passagiere an Bord sind.

Ich halte diese Diskussion für äußerst theoretisch. Es hat bisher keinen einzigen derartigen Fall gegeben. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass sich die Union auf solch eine begrenzte Regelung einlassen wird. Herrn Schäuble geht es doch um viel mehr. Er will eine ganz andere Form von Bundeswehr haben.

Angenommen, die Koalition einigt sich auf eine kleine Lösung. Sagen Sie dann Nein?

Das haben wir in der FDP noch nicht beraten. Es würde mich sehr wundern, wenn die Union aufgibt, was sie vorhat, wenn sie sagt: keine Grenzsicherung, kein Objektschutz durch die Bundeswehr. Wenn es ausschließlich um unbemannte Flugzeuge oder Flugzeuge, in denen nur Terroristen sitzen, geht – dann werden wir das in aller Ruhe prüfen.

Das heißt, eine Grundgesetzänderung ist kein Tabu?

Jede Grundgesetzänderung ist für uns eine sehr grundlegende Frage. Wir sind dann zu Gesprächen bereit, falls die Koalition auf uns zukommt. Aber wir wollen keinen grundlegenden Einstieg in eine Bundeswehr im Inneren.

Zunächst einmal freuten Sie sich über das Karlsruher Urteil. Warum eigentlich?

Weil es die Tötung von unbeteiligten Passagieren verbietet. Das ist ein klares Signal, dass der Staat nicht Menschenleben gegen Menschenleben opfern darf.

Aber kann man wirklich sagen: Bundeswehrpiloten dürfen unter keinen Umständen Maschinen abschießen, um Terroranschläge zu verhindern?

Der Staat darf sie nicht dazu legitimieren. In Extremfällen ist so eine Entscheidung entsetzlich schwierig. Die Piloten könnten angeklagt werden – auch mit einer Grundgesetzänderung.

Roland Koch sagt, Deutschland sei gegen Terror wehrlos.

Ich finde es absolut verantwortungslos von Herrn Koch, terroristische Anschläge auf diese Weise geradezu herbeizureden. Wir sind nicht wehrlos. Die Bundeswehr darf Flugzeuge abdrängen. Wir haben gute Polizisten. Und die Kontrollen am Boden können verstärkt werden.

INTERVIEW: LUKAS WALLRAFF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen