: Demnächst in welchem Theater
LOKALPOSSE Die Debatte über Neubau oder Sanierung des Kölner Schauspielhauses hat durch eine Bürgerinitiative Auftrieb bekommen
Die Debatte in Köln über Neubau oder Sanierung des Schauspielhauses (taz 7. Januar) ist in ihre heiße Phase eingetreten. Alles schnurrt hin auf den 13. April. Dann will der Stadtrat auf einer Sondersitzung eine Entscheidung fällen. Die wurde nötig, weil die Initiative „Mut zu Kultur“ mit ihrem Bürgerbegehren gegen den vom Rat im Dezember beschlossenen Neubau und für eine Sanierung erfolgreich war.
Der Abriss des bestehenden denkmalgeschützten Schauspielhauses aus der Hand des Architekten Wilhelm Riphahn von 1962 könnte so verhindert werden. 50.000 statt der nötigen 23.000 Stimmen kamen zusammen. Derzeit prüft die Stadt das Begehren juristisch. Zweifel an der Korrektheit hat allerdings niemand. Auf der Sitzung im April muss der Rat entscheiden, ob er dem Bürgerbegehren folgt oder nicht. Tut er das, ist der Neubau gestoppt und es müsste saniert werden. Votiert er gegen das Begehren, wäre eine Volksbefragung erzwungen. Stimmen dabei 20 Prozent der Wahlberechtigten, also etwa 155.000 Kölner, für die Sanierung, muss sie auf diesem Weg erfolgen.
Die Intendanten von Schauspiel und Oper, Karin Beier und Uwe-Eric Laufenberg, hatten sich zuletzt in offenen Briefen und Interviews gegeneinander gestellt. Beier ist für den Erhalt des Köln-spezifischen Riphahn-Baus, dessen Sanierung von „Mut zu Kultur“ bis zu 100 Millionen Euro billiger berechnet wird als der Neubau mit seiner verordneten Kostengrenze von 295 Millionen. Laufenberg ist für den Neubau des am Standort Offenbachplatz unmittelbar an die Oper angrenzenden Schauspiels, weil er fürchtet, dass eine Sanierung das derzeit bis 2014 geplante Interim verlängern könnte. Oper und Schauspiel haben bereits Ersatzspielstätten angemietet. Die Oper wird generalsaniert, das ist unumstritten.
Der Prozess des Bürgerbegehrens hat erstaunliche Energien freigesetzt. Ihm ist es zu verdanken, dass noch einmal neu und gründlich über die Alternativen des Neubaus diskutiert wird, dessen Beschluss im Dezember ohne die Vorlage nennenswerter Alternativen gefällt wurde. Aktuell konzentriert sich die Diskussion auf die entscheidenden (städte-) baulichen Fragen. Die Sanierungsanhänger führen zu Recht ins Feld, dass das Raumprogramm des Neubaus aus Kostengründen so weit abgespeckt wurde, dass seine Hauptziele – optimierte Repertoirefähigkeit und Betriebsabläufe sowie -kosten – nicht mehr zu erreichen sind. Ihre Variante sei nicht nur bedeutend günstiger und damit in Haushaltskrisenzeiten vernünftiger – sie leiste sogar hohe Repertoirefähigkeit. Kulissen von bis zu sieben Meter Höhe könne man in dieser Version bewegen und auch lagern. Das ständige Auf- und Abbauen aus bzw. in 2,50 Meter hohe Container sei nicht mehr nötig. Der Neubau leiste das nicht, arbeite mit zwei separaten Anlieferungen.
Der Preis für diesen Vorteil besteht in der Überbauung eines Teils der ursprünglichen Riphahn-Rückfassade. Zudem hat der Neubau – natürlich, angesichts der Mehrkosten – derzeit noch das vielfältigere Raumprogramm, was die Spielstätten angeht. Karin Beier lässt indes durchblicken, dass sie mit sehr viel weniger klarkommen kann und will. Städtebaulich wirkt der mächtige Klotz als Partner der nüchtern-eleganten Oper Riphahns erdrückend. Er verstellt Blickachsen und wirft Schatten, auch auf einen geplanten neuen kleinen Platz.
Karin Beier hat offenbar noch eine eigene Sanierungsvariante in petto, die sie jetzt ausarbeiten lassen will. Strategisch setzt die Intendantin auf eine politische Lösung ohne Bürgerentscheid. Doch auch „Mut zu Kultur“ wäre es inzwischen lieber, die Politik bis zum 13. April so weit zu überzeugen, dass sie dem Bürgerbegehren folgt und ihren alten Beschluss aus eigenen Stücken revidiert. Das käme angesichts der Selbstverliebtheit dieser Kölner Kaste einer Sensation gleich.
ALEXANDER HAAS
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