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Lehrerinnen wollen Kopftuch tragen dürfen

KLEIDUNGSVORSCHRIFTEN Islamische Forscher, Lehrerinnen und Verbände appellieren an niedersächsische Regierung, Kopftuchverbot an Schulen aufzuheben

Islamische Wissenschaftler, Lehrerinnen und Verbände fordern eine Aufhebung des Kopftuchverbots an niedersächsischen Schulen. Das Verbot diskriminiere Frauen, die ein Kopftuch tragen wollten, sagte Annett Abdelrahman, islamische Religionslehrerin und Lehrbeauftragte am Institut für Islamische Theologie in Osnabrück, am Dienstag. Derzeit würden muslimische Lehrerinnen, die ein Kopftuch trügen, nicht einmal für islamische Religion eingestellt.

Zwar gibt es nach Angaben des Kultusministeriums kein generelles Kopftuchverbot, im Schulgesetz sei allerdings formuliert, dass Lehrerinnen das Kopftuch ausschließlich während des islamischen Religionsunterrichts tragen dürften. Derzeit führe die Landesregierung jedoch intensive Gespräche mit den muslimischen Verbänden über einen Staatsvertrag, sagte Ministerin Frauke Heiligenstadt (SPD). Dabei solle auch eine neue Kopftuch-Regelung Thema sein.

Annett Abdelrahman kritisiert die bisherige Sonderregelung als „total unrealistisch“. Auf dem Weg zum Klassenraum, auf dem Schulhof oder im Lehrerzimmer müssten die Lehrerinnen danach das Kopftuch ablegen. Auch ihr Zweitfach dürften sie nur ohne Kopftuch lehren.

Zudem könne das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Neutralitätsgebot das Verbot nicht rechtfertigen: „Neutralität bedeutet, dass ich alles zulasse, das Kreuz an der Halskette ebenso wie das Kopftuch oder die jüdische Kippa.“

Abdelrahman, die auch Mitglied im muslimischen Verband Schura ist, trägt selbst ein Kopftuch. Sie konnte wegen des Verbots jahrelang nur deshalb als Lehrerin arbeiten, weil sie etwa als Förderlehrerin bei Verbänden wie der AWO angestellt war. Jetzt unterrichtet sie an der privaten katholischen Drei-Religionen-Grundschule in Osnabrück. Dort sei ihr Kopftuch für Schüler, Eltern und Lehrer kein Problem, sagte sie.

Das Land benötige noch rund 200 islamische Religionslehrer, damit das Fach flächendeckend angeboten werden könne, betonte Rauf Ceylan vom Institut für Islamische Theologie der Uni Osnabrück. Frauen, die aus Überzeugung ein Kopftuch tragen wollten, schrieben sich jedoch gar nicht erst für den Studiengang Islamische Religion ein. Deshalb seien nicht alle Studienplätze in Osnabrück besetzt. Auch Ceylan appellierte deshalb an die niedersächsische Landesregierung, das Verbot aufzuheben.  (dpa)

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