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Lafontaine bestellt Rebellen ein

Die Bundes-WASG fordert von der Berliner Wahlalternative die Rücknahme der Anmeldung zur Wahl und lädt zum Gespräch. Die Berliner wollen aber mit einer eigenen Kandidatenliste Fakten schaffen

VON MATTHIAS LOHRE

Mit einer Mischung aus Drohen und Locken versucht die WASG-Bundesspitze weiter, den eigenständigen Antritt der Berliner Wahlalternative bei der Abgeordnetenhauswahl zu stoppen. In einem offenen Brief an den fusionsunwilligen WASG-Landesvorstand fordert der vierköpfige Bundesvorstand die Berliner auf, sie sollten ihre Anmeldung für die Wahl im September zurücknehmen und den Bundesparteitag Ende April abwarten.

Der per Urabstimmung beschlossene Alleingang sei „abenteuerlich“ und ein „schwerer politischer Fehler“, kritisieren die Mitglieder des obersten WASG-Gremiums. Nicht nur für die Verschmelzung von Linkspartei und WASG auf Bundesebene sei er abträglich. Auch dem Abschneiden bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg am kommenden Wochenende drohe „erheblicher Schaden“. Wenige Sätze später schlagen sie ein Treffen beider Seiten am 1. April vor, um gemeinsam eine „konstruktive Lösung“ zu suchen.

Anfang März stimmten von rund 860 wahlberechtigten WASG-Mitgliedern 591 darüber ab, ob die Berliner gegen oder gemeinsam mit der Linkspartei antreten wollen. 527 Stimmen waren gültig. 272 votierten für eine eigenständige WASG-Liste: Nach Interpretation der Fusionsbefürworter eine Minderheit von 41 Prozent, weil 64 ungültige Stimmen nicht mitgerechnet werden dürften – nach Lesart der Berliner WASG eine absolute Mehrheit von 51,6 Prozent für den Alleingang.

Die Aussichten für eine Einigung stehen schlecht. Eine Rücknahme der Wahlanzeige kommt für den Geschäftsführenden Landesvorstand nicht infrage. „Die Wahlanzeige folgt einem Beschluss des Landesparteitags“, sagt Vorstandsmitglied Rouzbeh Taheri. „Daran können wir gar nicht rütteln.“ Trotzdem stehe einem Gespräch beider Seiten nichts im Wege. „Das wäre das erste mit dem Bundesvorstand.“ Derzeit sei der jedoch gar nicht erreichbar.

Schon vor dem Bundesparteitag am 29. und 30. April wollen die Berliner weiter Fakten schaffen. Eine Woche zuvor wählen sie ihre Kandidaten für die Abgeordnetenhauswahl. Jüngste Wahlumfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa sehen die hiesige WASG zwar nur bei 2 Prozent. Sie könnten aber entscheidend werden. Denn die Regierungsparteien SPD und Linkspartei kommen derzeit gemeinsam auf 47 Prozent.

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