KOMMENTAR: EIKEN BRUHN ÜBER MISSBRAUCHSVORWURF: Anzeige ist der letzte Schritt
Endlich, so scheint es, hat auch Bremen seinen „Missbrauchsskandal“ in einer Einrichtung der katholischen Kirche. Aber, alles wird gut, melden die Medien, „die Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet“. Etwas zurückhaltender hat es das Erzbistum Hamburg formuliert: Es habe die Staatsanwaltschaften in Bremen und Lingen „informiert“. Das klingt gut, nach „die tun etwas“, und ist in diesem Fall auch gut, weil die mutmaßlichen Opfer offenbar darum gebeten haben.
Allzu oft wird derzeit in Presseberichten suggeriert, jeder und jede, die Kenntnis von einem sexuellen Missbrauch erlange, sollte diesen sofort zur Anzeige bringen. Unhinterfragt und zuhauf finden sich Äußerungen wie die der bekannten Reformpädagogin Enja Riegel in Interviews und Berichten: „Heute würde ich mich gleich an die Staatsanwaltschaft wenden.“ Doch LehrerInnen – oder JournalistInnen – die sich mit dem Thema beschäftigt haben, müssten es besser wissen: Wer zu früh die Polizei informiert, riskiert, dass der Täter das Kind unter Druck setzt, so dass es schweigt und es ohne ausreichend Beweise zwar zu einem das Opfer belastenden Gerichtsverfahren kommt, der Täter aber frei gesprochen wird. Außerdem sollte stets mit dem oder der Betroffenen geklärt werden, ob ein Prozess zu dem Zeitpunkt das richtige ist. Damit er oder sie nicht wieder zum Opfer gemacht wird, indem die Kontrolle über das eigene Leben entzogen wird. Nord SEITE 22
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