: Klassenfahrt nach Sachsen endet mit Nazi-Attacke
HASS Kiefer kaputt, Augenhöhle gebrochen – in Bad Schandau wird ein Zehntklässler angegriffen
HAMBURGS SCHULSENATOR TIES RABE
DRESDEN taz | Der Überfall rechtsradikaler Jugendlicher auf Hamburger Schüler in Bad Schandau hat schwerere Folgen als bislang angenommen. Erst nach der Rückkehr aus der Sächsischen Schweiz wurden bei dem 15-jährigen T. ein Kieferbruch und eine Fraktur des Augenhöhlenbodens festgestellt. T. hat einen chinesischen Vater und eine deutsche Mutter und gehörte zu einer Gruppe von Zehntklässlern aus dem Hamburger Goethe-Gymnasium, die sich in der Jugendherberge Ostrau oberhalb von Bad Schandau aufhielt.
Nach Antifa-Informationen lockte zunächst die 888-Jahrfeier von Ostrau einige Schüler trotz einer von den Lehrern verhängten Ausgangssperre in der Nacht zum 7. September in das Dorf. Dort seien insbesondere Mitschülerinnen von betrunkenen Jugendlichen angepöbelt worden, die sie bis in die Jugendherberge verfolgten. Drei dieser jungen Männer seien in das Gebäude eingedrungen. Dort stießen sie zufällig auf T., der sich nicht am Ausflug beteiligt hatte und gerade die Toilette benutzte, und schlugen auf ihn ein. Die Schüler sollen sich daraufhin nach Anweisungen einer Lehrerin in ihren Zimmern verbarrikadiert und eingeschlossen haben. Eine größere Gruppe Ortsansässiger sei noch einmal zurückgekehrt, wird berichtet.
Weil bei dem Überfall auch Parolen wie „NSDAP – wir vergessen nie!“ gerufen wurden, geht Bernd Merbitz, Leiter des sächsischen Operativen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus OAZ, eindeutig von einem rechtsextremen Tatmotiv aus. Seine Beamten führen seit Montag Gespräche in Hamburg. Die Polizei soll nach Antifa-Angaben erst eine halbe Stunde nach dem Hilferuf der Hamburger Gäste eingetroffen sein und neun Verdächtige festgenommen haben. Auch die betroffenen Schüler wurden befragt. Eine noch in Sachsen vor der Abreise am Folgetag konsultierte Ärztin stellte bei T. lediglich eine Prellung fest.
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) zeigte sich „sehr betroffen“, nahm aber die Sachsen in Schutz. „Das geht wirklich nicht, dass wir Teile der Bundesrepublik als Gebiete ausweisen, die man nicht mehr betreten darf“, sagte er dem MDR-Fernsehen. Bad Schandaus Bürgermeister Andreas Eggert (parteilos) sicherte eine konsequente Verfolgung des jetzt erst bekannt gewordenen Falles zu. Angesichts der starken Wahlwerbung der NPD in einer Region mit teils zweistelligen NPD-Wahlergebnissen hatte der Tourismusverband Sächsische Schweiz erst kürzlich die Bundestags-Wähler zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen.
Die Mutter des verletzten T. erhob auch Vorwürfe gegen die begleitenden Lehrer. Sie hätten Schüler daran gehindert, die Eltern per Handy über den Vorfall zu unterrichten. Die Schulleitung wies die Anschuldigungen zurück. MICHAEL BARTSCH
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