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Zeuge perfekt vorbereitet

Mitarbeiter der Sozialbehörde verwickelt sich im Untersuchungsausschuss in Widersprüche und bricht Vernehmung ab

Die erste Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Feuerbergstraße nach Aufdeckung der Affäre um weitergeleitete Sitzungsprotokolle endete gestern abrupt nach 60 Minuten. Der erneut als Zeuge geladene Behördenreferent Dirk Bange berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht und erklärte, er brauche für die weitere Vernehmung „juristischen Rat“.

Bange hatte zunächst zugegeben, Ende September von der Behördenspitze eine E-Mail mit mehreren Ausschussprotokollen erhalten zu haben. Diese habe er aber nur kurz geöffnet und sofort gelöscht, als er feststellte, dass es sich unter anderem um seine Aussagen handelte. Er habe ein „komisches Gefühl“ dabei gehabt. Später räumte er allerdings ein, dass er in dem Dokument herumgesucht habe, bevor er seine eigene Aussage fand.

Brisant ist diese Aussage, weil Bange nach dieser Kurzlektüre am 27. September erneut vernommen wurde und auf die Frage, wie er sich vorbereitet habe, das Protokoll nicht erwähnte. Die Fassung verlor der Zeuge gestern, als Christiane Blömeke (GAL) ihm einen Auszug aus dieser Vernehmung vorhielt. Mit der Aussage des früheren Zeugen Wolfgang Weylandt über den Einsatz des Securitas-Sicherheitsdienstes im geschlossenen Jugendheim konfrontiert, unterbrach Bange seinerzeit mit dem Satz: „Ich weiß, wenn ein Jugendlicher allein mit Securitas ist, ist die Sache problematisch.“ Auf die erstaunte Nachfrage, woher er das schon wisse, antwortete Bange: „Das konnte man in jeder Zeitung lesen.“ Als Blömeke wissen wollte, in welcher Zeitung, musste der Zeuge passen. Möglicherweise habe ihm das auch jemand mündlich gesagt, stammelte er. „Das wird mir jetzt mit diesen Zeitungsartikeln zu schwierig“, waren Banges letzte Worte für diesen Tag. kaj

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