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Nah am Wasser gebaut

In Nordrhein-Westfalen steigen Flusspegel und Temperaturen an, prognostiziert das Max-Planck-Institut. Grüne fordern ein Klimaschutzkonzept. Hochwasserexperten: „Flüssen mehr Raum geben“

VON GESA SCHÖLGENS

Das Klima in Nordrhein-Westfalen wird sich in den nächsten 100 Jahren massiv verändern. Die aktuelle Klimaprognose des Max-Planck-Instituts in Hamburg sagt voraus, dass bis zum Jahr 2100 die Temperaturen in der Region im Schnitt um drei Grad steigen und die Hochwassergefahr zunimmt. „NRW braucht dringend ein eigenes Klimaschutzkonzept, um Treibhausgase zu minimieren“, fordert der Grünen-Umweltexperte Johannes Remmel. Er wirft der Landesregierung vor, den Klimawandel zu ignorieren und eine „Politik der hohen Deiche“ zu betreiben.

Das Landesumweltministerium lehnt ein Klimaschutzkonzept auf Länderebene ab. „Das fällt nicht per se in unsere Zuständigkeit“, sagt Sprecherin Carolin König. Die Klimaprognose werde aber in die Hochwasserschutzprogramme mit einbezogen. „Für 20 von 25 hochwassergefährlichen Fließgewässern liegen bereits Aktionspläne vor“, so König. Darunter sind Nebengewässer des Rheins wie Ruhr, Lippe, Sieg und Emscher. „Die Pläne zeigen, welche Gebiete bei Überschwemmungen gefährdet sind“, sagt Bernd Mehlig vom Landesumweltamt (LUA).

Bürgerinitiativen fordern Landesregierung und Kommunen auf, für mehr Überschwemmungsflächen zu sorgen. „Die Deiche sind in Köln bereits auf 11,30 Meter erhöht worden. Mehr ist technisch nicht machbar“, sagt Gerhard Müller, Sprecher der Hochwassergemeinschaft Köln. Es dürfe nicht sein, dass landwirtschaftliche Nutzflächen mit Deichen geschützt würden, während Wohngebiete überschwemmt würden, so Müller.

Auch die Hochwasserschutzzentrale Köln fordert, den Flüssen mehr Raum zu geben und beim Neubau von Häusern Sickerflächen zu schaffen. „Die Bundesländer müssen mehr zusammenarbeiten“, sagt die stellvertretende Leiterin Yvonne Wieczorrek. „Sie können nicht ohne Absprache unterschiedlich hohe Deiche bauen oder Talsperren öffnen.“ Zudem rät die Hochwasserschutzzentrale Anwohnern und Firmen, Vorsorge zu treffen und sich das Hochwasserrisiko bewusst zu machen. „Sie sollten keine Wertgegenstände im Keller lagern“, so Wieczorrek.

Auch Binnenschifffahrt und Landwirtschaft werden unter dem Klimawandel leiden. „Das Wetter wird extremer. Im Winter nehmen die Niederschläge zu, im Sommer wird es dagegen sehr trocken“, sagt Holger Göttel vom Max-Planck-Institut. Im Sommer könnten die Flusspegel stark absinken. Die Binnenschiffer müssten also mit Einschränkungen im Schiffsverkehr rechnen, etwa auf dem Rhein. „Auch die Landwirte können sich darauf einstellen, dass sie auf manche Pflanzenarten verzichten müssen“, sagt Göttel.

Einziger Trost für NRW: In südlicheren Regionen wie Bayern oder Südbaden-Württemberg wird der Klimawandel noch extremer. NRW profitiere noch von seiner Nähe zur Küste. Hier sorge der Ozean für ein ausgewogeneres Klima, so Göttel.

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