piwik no script img

Europa soll ran

ITALIEN Nach der Katastrophe von Lampedusa verlangt die Links-rechts-Regierung mehr Hilfe von der EU – vor allem bei der Abschottung

ROM taz | In einer Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus legte Italiens Ministerpräsident Enrico Letta am Dienstag zwar keinen detaillierten Forderungskatalog vor, skizzierte aber deutlich, was er in Sachen Flüchtlingspolitik von der EU erwartet.

Im Angesicht der Katastrophen im Mittelmeer dürfe es „keine Europäisierung der Gleichgültigkeit“ geben: „Die EU war über allzu lange Jahre abwesend.“ Die Flüchtlingspolitik sei eine gemeinsame Aufgabe, denn „die Küsten Siziliens und die Insel Lampedusa sind nicht die Peripherie Italiens, sondern der Vorposten des Kontinents, seine gemeinsame Grenze“.

Gefordert seien deshalb „alle, auch die am weitesten vom Mittelmeer entfernt liegenden Mitgliedsstaaten“. Der Regierungschef formuliert damit einen Konsens, der nicht bloß in seiner Koalition aus der gemäßigten Linken und der Berlusconi-Rechten, sondern auch in Italiens Öffentlichkeit herrscht.

Vier Punkte will Letta dem Europäischen Rat heute vorlegen:

Erstens soll die EU prinzipiell anerkennen, dass das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer „eine europäische Frage ist“, dass Europa „mehr tun muss, im Geist der gemeinsamen Verantwortung“.

Zweitens verlangt Italien Sofortmaßnahmen, damit das neue europäische Kommunikationsnetz zur Grenzüberwachung Eurosur umgehend seine Arbeit aufnehmen kann. Außerdem soll Frontex deutlich gestärkt und mit höheren Mitteln ausgestattet werden.

Drittens soll eine Task-Force der EU-Kommission und Italiens bis zum nächsten Europäischen Rat im Dezember einen Plan zur Bewältigung des „Einwanderungsnotstands“ ausarbeiten. Dabei dürfte Italien die Forderung nach einer Verteilung der Flüchtlinge auf andere europäische Länder erheben.

Viertens will Italien, dass die EU „ihr ganzes politisches Gewicht in die Waagschale wirft“, um im Dialog mit den Südanrainerstaaten gemeinsame Politiken zu definieren, die auf Fluchtverhinderung und Wiederansiedlung der nach Europa Geflüchteten zielen. MICHAEL BRAUN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen