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Mutmaßliche HDJ-Mitglieder angeklagt

PROZESS Drei angebliche Mitglieder des verbotenen Jugendverbands „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) müssen sich wegen Volksverhetzung und Verbreitung von Propagandamitteln vor Gericht verantworten

Der Vortrag basierte in Aufbau und Inhalt auf einer Lehrgangsplanung der Waffen-SS

BERLIN taz | Vor dem Berliner Landgericht hat am Dienstag ein Prozess gegen ehemalige Kader der neonazistischen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Ragnar D., 26, und Christian Fischer, 27, Volksverhetzung und das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen vor. Die HDJ war im vergangenen Jahr von dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wegen ihrer Verwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verboten worden.

Der Diplombiologe Ragnar D. hat laut Anklage im Mai 2006 in Mecklenburg-Vorpommern ein „Pimpfenlager“ der HDJ veranstaltet. Er trug in dem Lager die Uniform des rechtsextremen Vereins und bastelte mit Kindern Gipsmasken, die zum Teil mit Hakenkreuzen versehen waren. Von einer „Weitervermittlung rechtsextremer Ideologien unter dem Deckmantel der Jugendverbandsarbeit“ ist in der Anklageschrift die Rede.

Außerdem hielt D. auf einer von Fischer im Januar 2007 in einem NPD-Heim in Niedersachsen veranstalteten Feier laut Anklage eine „Rasseschulung“ ab. Der Inhalt seines Vortrags: Reinste NS-Propaganda. Mithilfe von Powerpointfolien hat D. demnach über „Die biologischen Grundlagen unserer Weltanschauung“ referiert. Unter anderem soll er behauptet haben, dass Schwarze den geringsten IQ hätten, nannte sie „Kaffer“, riss Judenwitze („langnasige Freunde“) und sprach vom „Volkstod“ durch „Erbkranke“. Der Vortrag basierte, so der Verfassungsschutz, „in Aufbau und Inhalt auf einer Lehrgangsplanung für den Führernachwuchs der Waffen-SS“. Im Anschluss daran durften die Teilnehmer, darunter auch Minderjährige, den Film „Der ewige Jude“ sehen. Dieser von der NSDAP in Auftrag gegebene Film von 1940 diente laut Bundesfilmarchiv der „ideologischen Vorbereitung“ auf die Vernichtung der europäischen Juden.

Christian Fischer und Ragnar D., der nach eigenen Angaben inzwischen promoviert, gaben sich am Dienstag vor Gericht als reuige Sünder und räumten die Vorwürfe weitgehend ein. Von einer „Sturm-und-Drang-Zeit“ sprach D. in einer Erklärung, die sein Anwalt vortrug. Er habe „nicht viel nachgedacht, sondern mitgemacht“. Fischer ließ erklären, er könne über sein Verhalten „heute nur den Kopf schütteln“.

Glaubwürdig ist diese Distanzierung jedoch nicht. So war Ragnar D. erst vor wenigen Wochen bei der Eröffnung eines NPD-„Bürgerbüros“ in Mecklenburg-Vorpommern gesehen worden. Vergangenes Jahr hat er laut Beobachtern an einem rechtsextremen Festival in Thüringen teilgenommen. Christian Fischer wandte sich nach dem HDJ-Verbot 2009 der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) zu, deren niedersächsischer Landesvize er heute ist.

Die Staatsanwaltschaft plädierte auf zwei Jahre Haft für D. und 15 Monate für Fischer, jeweils auf Bewährung. Ein Urteil wurde noch für Dienstag erwartet, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe. WOLF SCHMIDT ANDREAS SPEIT

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