: In Cham wird selbst die CSU zur Antifa
Die NPD stößt in Ostbayern auf Widerstand: An Pfingsten demonstrieren 7.000 Menschen gegen die rechtsradikale Partei, die einen Supermarkt und eine Disko kaufen möchte. Auch der Stadtrat versucht Umbau in NPD-Schulungszentrum zu verhindern
VON MAURITIUS MUCH
Cham wehrt sich gegen die NPD. Am Samstag demonstrierten 7.000 Bürger in der ostbayerischen Stadt gegen die rechtsradikale Partei. Die will dort einen ehemaligen Supermarkt und eine frühere Diskothek kaufen und den Gebäudekomplex in ein Veranstaltungs- und Schulungszentrum der Partei umwandeln. Um dies zu verhindern, hat sich der Chamer Stadtrat ein Vorkaufsrecht auf die Immobilie im Stadtzentrum gesichert.
Am Samstag versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 7.000 Demonstranten auf dem Marktplatz. Dort riefen Politiker, Pfarrer und Schülersprecher die Bürger zum Kampf gegen Rechtsextremismus auf. Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) begrüßte das Engagement: „Glücklich dieses Cham, dass es so zusammen aufsteht“, sagte Goppel auf der Veranstaltung. Auch der zweite Bürgermeister von Cham und Organisator der Kundgebung, Günther Lommer (CSU), freute sich, dass 7.000 Teilnehmer zu der Demo im 17.000-Einwohner-Städtchen kamen. Damit hätten die Bürger eindrucksvoll gezeigt, dass sie die NPD in Cham nicht wollten, sagte Lommer der taz.
Die Demonstration ist ein Teil der Strategie, mit der die Stadt den Verkauf des Gebäudekomplexes an die NPD verhindern will. Der Stadtrat hat sich zudem das Vorkaufsrecht auf die Immobilie gesichert. Bis das Gebäude in den Besitz der Stadt übergehen kann, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen. Umstritten ist, wer das Gebäude bis dahin nutzen darf. „Wir haben auch einen gültigen Mietvertrag bis Ende Oktober“, sagt Lommer. Damit will man sichergehen, dass die NPD in dem Gebäude keine Parteiveranstaltungen abhalten könne.
Ein Problem ist aber, dass die NPD ebenfalls einen Mietvertrag für das Haus besitzt – für einen Tag: Für den 17. Juni, an dem die Partei einen „NPD-Bayerntag“ mit einem Auftritt ihres Bundeschefs Udo Voigt und bis zu 800 Besuchern veranstalten will. Nun muss das Verwaltungsgericht klären, wer in dem ehemaligen Supermarkt und der früheren Disko das Mietrecht hat.
Die Stadtratsparteien und die Chamer Bürger fürchten, dass ihre Stadt durch ein NPD-Schulungszentrum zu einem Mekka für Rechtsextreme werden könnte. „Wir wollen kein zweites Wunsiedel werden“, sagt Lommer. In der nordostbayerischen Stadt ist der Stellvertreter Adolf Hitlers, Rudolf Hess, begraben. An dessen Todestag im August pilgern jedes Jahr viele Rechtsextreme an sein Grab. 2004 kamen 4.700 Hess-Verehrer nach Wunsiedel.
Der Würzburger NPD-Chef Uwe Meenen ist die treibende Kraft hinter der Absicht der Partei, die Immobilie in Cham zu kaufen. Meenen hatte schon im vergangenen Jahr in der oberpfälzischen Kleinstadt Grafenwöhr eine Tennishalle gekauft. Dort wollte er ein landesweites Parteizentrum einrichten. Allerdings nahm die Stadt Grafenwöhr ihr Vorkaufsrecht wahr und schnappte Meenen die Halle weg. Gleiches könnte der NPD jetzt auch in Cham passieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen