: ARGE stellt sich stur
Kein Geld für Medizin: Arbeitsloser zieht vor Gericht, weil ihm das ALG II komplett gestrichen wurde
BOCHUM/DORTMUND taz ■ Vor dem Sozialgericht Dortmund wird heute der Eilantrag eines Arbeitslosengeld-II-Empfängers verhandelt. Die für die Hartz-IV-Fälle zuständige Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Bochum hatte dem erwerbslosen Jürgen Hoffmann Anfang April die Unterstützung entzogen, weil er Miteigentümer eines Mehr-Parteien-Wohnhauses ist. Seitdem ist er nicht mehr krankenversichert.
Hoffmann will nun vor Gericht durchsetzen, dass er vorläufig wieder Geld bekommt. Nach Angaben seines Anwalts Martin Reucher kann er sich seit Monaten keine Medikamente leisten. Die brauche er, weil er unter Diabetes und Asthma leide und zudem zwei Herzinfarkte hinter sich habe. Für die ARGE ist Hoffmann jedoch nicht unschuldig daran, dass er ohne Krankenversicherung da steht. „Er hätte schon vorher Schritte einleiten können, um das zu verhindern“, sagte ARGE-Sprecher Stephan Kuckuk. Dass das ALG II eingestellt werde, sei ihm schon Ende letzten Jahres mitgeteilt worden.
Vorläufige Zahlungen lehnt die ARGE ab. Das ALG II könne nur als Darlehen gewährt werden, wenn Hoffmann seine Absicht nachweise, sein Eigentum zu veräußern. Für Hoffmanns Anwalt Reucher eine unsinnige Forderung, da der ALG-II-Empfänger nur Miteigentümer sei. „Der andere Miteigentümer ist nicht bereit zu verkaufen.“
Aber auch wenn Hoffmann heute vor Gericht unterliegt, könnte er bald wieder Medikamente bekommen. Der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer hat zugesagt, die Kosten zu übernehmen. „Für mich sind noch viele Fragen offen“, sagte Schäfer der taz. „Aber es gibt Fälle, da muss man unkonventionell helfen.“ Laut Anwalt Reucher müsse dann nur noch ein Arzt gefunden werden, der dem Nicht-Versicherten ein Rezept ausstellt. DIRK ECKERT
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