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Schwache Truppe

AUS BEIRUT MARKUS BICKEL

Erstmals seit Beginn der israelischen Luftangriffe auf den Libanon gibt es Schritte hin zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zwischen der schiitisch-libanesischen Hisbollah („Partei Gottes“) und der israelischen Armee. Parlamentspräsident Nabih Berri erklärte am Sonntag, die Hisbollah habe der libanesischen Regierung das Mandat zu Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch erteilt. „Die libanesische Regierung wird den Austausch über die Vermittlung eines Dritten herbeiführen“, sagte er. „Das hat die Hisbollah akzeptiert.“

Bislang hatte die Hisbollah-Führung um Generalsekretär Hassan Nasrallah ein Übertragen der politischen Entscheidung über die Zukunft der gefangenen israelischen Soldaten an die libanesische Regierung abgelehnt. Die Wahrnehmung der internationalen Krisendiplomatie im Libanon ist verheerend. Zu proisraelisch seien die Äußerungen von Vertretern der einzigen als durchsetzungsfähig betrachteten Nation, den USA, heißt es in Beirut. Auch von der Nahostreise von US-Außenministerin Condoleezza Rice erwartet man sich kein baldiges Ende der israelischen Luftangriffe. Vor ihrer Abreise in den Nahen Osten erklärte sie, die USA strebten keinen sofortigen Waffenstillstand an, sondern eine dauerhafte Lösung.

Im Libanon wird angesichts der offenbar bevorstehenden israelischen Bodenoffensive in den Süden des Landes ein weiteres Zuspitzen der dramatischen humanitären Situation erwartet. Inzwischen sind über eine halbe Million Menschen im Libanon auf der Flucht. Der Koordinator für Nothilfe der Vereinten Nationen (Ocha), Jan Egeland, forderte am Sonntag mehr als hundert Millionen US-Dollar (79 Millionen Euro) für Soforthilfen. Die UN wollen zudem drei humanitäre Korridore vom Meer aus einrichten, sagte der norwegische Diplomat, der im Auftrag von UNO-Generalsekretär Kofi Annan in die Krisenregion reist, laut der zypriotischen Nachrichtenagentur CNA am Sonntag in Larnaka (Zypern). Doch diese Korridore laufen israelischen Militärinteressen entgegen, sodass die Regierung von Ehud Olmert eine Zustimmung verweigern könnte.

Die Ankündigung von Libanons Verteidigungsminister Elias Murr, die libanesische Armee zur Verteidigung des Landes in das südliche Grenzgebiet zu schicken, stößt jedoch selbst bei libanesischen Armeeangehörigen auf Erstaunen. „Die libanesische Armee ist eine schwache Armee“, sagte ein Leutnant der von Militärexperten auf 40.000 Mann bezifferten Truppe am Samstag. „Sie kann es nicht wagen, sich gegen die im Südlibanon vorherrschende Hisbollah stellen.“ Murr hatte am Freitag erklärt, die etwa zur Hälfte von schiitischen Libanesen aufgebaute Truppe werde „Widerstand leisten und beweisen, dass sie Respekt verdient“.

Kritiker werfen der libanesischen Armee vor, zu passiv auf die israelischen Angriffe zu reagieren. Bislang kamen lediglich Boden-Luft-Raketen zum Abschuss israelischer Kampfjets zum Einsatz. Überhaupt sind die staatlichen Truppen schlecht ausgestattet, die Hubschrauber etwa lassen sich nur mit tragbaren Maschinengewehren versehen. Peter Harling, der das Libanon-Büro der International Crisis Group (ICG) leitet, hält die von Armeerepräsentanten vorgetragene Behauptung, alles zu tun, um den Libanon vor der „der israelischen Aggression“ zu verteidigen, für Rhetorik. „Die Armee verteidigt nicht die Nation, sondern versucht, sich aus dem Konflikt herauszuhalten“, sagte er gegenüber der taz. „Im Grunde nimmt sie die Rolle einer Zivilschutzorganisation ein, die seit einer Woche verstärkt in den Hauptflüchtlingsgebieten aktiv ist.“

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