piwik no script img

Sander macht‘s im Sinne Trittins

Nach erheblichem Druck will Niedersachsen nun doch drei Vogelschutzgebiete nach Brüssel melden. Beschleunigt werden soll dadurch der Bau von Windparks in der Nordsee – bisher schienen beide sich auszuschließen

Eigentlich sollte der mehr als 200 Millionen Euro teure Offshore-Windpark an der Weser-Mündung namens Nordergründe bereits 2004 fertig gestellt sein. Doch in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Krach um die Anmeldung von Vogelschutzgebieten an die EU, die den Bau der riesigen Windspargel behindern könnten. Für Naturschützer, den einstigen grünen Bundesumweltminister Jürgen Trittin oder auch die Bremer CDU gab es dabei nur einen Buhmann: Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP).

Jetzt aber könnte es bald losgehen mit dem Bau von Riffgat und weiteren 44 Rotoren vor Borkum – nach einer schriftlichen Bitte des Bremer Windparkbetreibers Energiekontor hat sich Sander entschlossen, die Gebiete Roter Sand, Borkum Riff und einen Küstenmeerstreifen vor den ostfriesischen Inseln als Vogelschutzgebiete an die EU zu melden.

War die Landesregierung lange der Meinung, solche Schutzgebiete behinderten den Bau von Windparks, folgt man mittlerweile der Auffassung von Erzfeind Trittin und vielen Experten: Nur die Ausweisung als Schutzgebiet garantiere Rechtssicherheit. Vorangegangen war ein bizarrer Streit, in dem sich Sander zunächst standhaft geweigert hatte, die Gebiete in der Nordsee zu melden – angeblich, um die Windparks nicht zu gefährden. Erst ein Gutachten des mittlerweile aufgelösten Landesamtes für Ökologie im Jahr 2004 entzerrte die Fronten. Das Ergebnis, das die Umweltstiftung WWF als „massiv zurechtgebogen“ bezeichnete: Die Gebiete mit den seltenen Sterntauchern, Sturmmöwen und Brandseeschwalben lägen nur in der Nähe der geplanten Windparks – kein Problem entstehe somit für den Vogelschutz.

Dennoch schlief Sanders Ministerium erst mal weiter – angeblich wegen Arbeitsüberlastung. Selbst als im April ein blauer Brief aus Brüssel die fehlenden Meldungen kritisierte und mit drakonischen Strafen drohte, passierte nichts. Nun will Sander bis zum Winter melden, heißt es aus dem Ministerium. Bereits im Mai wurde die Meldung des Voslapper Grodens in der Nähe des geplanten Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven angekündigt, wo einige Rohrdommeln leben. Weitere Ausweisungen von Schutzgebieten an der Oker, im Solling und in der Hohen Geest bei Bad Bodenteich sollen folgen. Dran sein dürfte demnächst auch eine Fläche in der Nähe des Forschungsflughafens Braunschweig.KAI SCHÖNEBERG

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen