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Die Angst des Senats

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS ELBPHILHARMONIE Erst hält sich die städtische Realisierungsgesellschaft bedeckt. Dann hält sich die CDU an deren Ex-Chef

Es bleiben juristische Schwachstellen, die auch der PUA-Vorsitzende Peter Tschentscher nicht ganz ausräumen kann

Es wirkt wie ein abgekartetes Spiel: Da sagt erst die städtische Elbphilharmonie-Realisierungsgesellschaft Rege die erste Baustellenbegehung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) am Montag ab, weil keine Zeugen-Vorladung vorliege (taz berichtete) – und wirkt dabei, als habe sie etwas zu verbergen.

Fast zeitgleich – am Abend desselben Tages und im selben Untersuchungsausschuss – setzt die CDU durch, dass als erster Zeuge am 2. September Ex-Rege-Chef Hartmut Wegener (SPD) befragt werden soll. Wegener war bis 2008 Rege-Chef und wird des Missmanagements verdächtigt. Machte man ihn als Hauptschuldigen für die Kostensteigerungen aus, könnte man seinen Nachfolger, den jetzigen Rege-Chef Heribert Leutner, aus der Schuldfrage weitgehend heraushalten.

Es gehe CDU und GAL darum, „frühzeitig mit dem SPD-Mitglied Wegener einen Sündenbock zu präsentieren“, wetterte gestern Norbert Hackbusch, PUA-Mitglied und Sprecher der Linksfraktion.

Eher auf Sicherheit denn auf Transparenz scheint auch die Begründung Leutners für sein Fernbleiben am Montag: Der Ausschuss habe nicht klar gesagt, in welcher Funktion die Rege-Mitarbeiter auf der Baustelle sprechen sollten und welche Konsequenz ihre Aussagen hätten – und dem habe er sie nicht aussetzen wollen.

Tatsächlich liegt hier ein juristischer Schwachpunkt, den auch der PUA-Vorsitzende Peter Tschentscher nicht ganz ausräumen kann. Die Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen während der Baustellenführung sei nie geplant gewesen, sagte er der der taz gestern. Man habe vielmehr Architekten, den Baukonzern Hochtief und die Rege gebeten, „uns jene Bauteile zu zeigen, die zur Kostenexplosion geführt haben“. Die Anwesenheit der Rege sei als „Goodwill-Aktion zur Unterstützung des PUA“ gedacht gewesen, bei der jeder „freiwillig“ Erklärungen abgeben könne. Dass das alles protokolliert werden müsse, sei im Gesetz verankert.

Die Rege indes fürchtete, dass Mitarbeiter, die sich auf der Baustelle äußerten, später als Zeugen geladen und dann mit den Mitschriften konfrontiert würden. Wie weit diese „freiwilligen“ Aussagen vor dem PUA verwendbar sind, wusste Tschentscher nicht zu sagen. In diesem Licht sind die Ängste der Rege fast verständlich.

Warum Heribert Leutner nicht beherzt trotzdem mitging – einfach, um anwesend zu sein und nicht als Vertuscher dazustehen –, ist unklar. Eine solche Option, sagt Rege-Sprecherin Nina Siepmann, sei nie im Gespräch gewesen. PETRA SCHELLEN

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