: „Man braucht nicht mehr anzuhalten“
SATELLITENNAVIGATION Für normale Radler ist die Satellitennavigation noch viel zu kompliziert, sagt der GPS- und Bikerexperte Thomas Froitzheim. Auch sei die individuelle Planung nur schwer automatisierbar
■ 50, ist Mitglied im ADFC-Ausschuss Fahrradtourismus. Von ihm ist das Buch „GPS für Biker“, Bruckmann Verlag, 2010.
taz: Herr Froitzheim, Sie schreiben in Ihrem Handbuch „GPS für Biker“ von der „faszinierenden Welt der Satellitennavigation“. Warum sind Sie auf das Global Positioning System, kurz GPS, so abgefahren?
Thomas Froitzheim: Erstens kann man Radtouren sehr präzise auf der digitalen Landkarte am PC vorbereiten und findet sie dann in der Natur wieder. Und zweitens kann man die gefahrenen Touren hinterher abspeichern und auf dem Rechner anschauen.
Beim Blick ins Register Ihrer Gebrauchsanweisung wird einem ganz schwindlig: Active Log und OziExplorer, Hotfix, Moobix und Yabadu. Ist GPS eine Geheimwissenschaft?
Für normale Nutzer ist GPS immer noch viel zu kompliziert. Das liegt einerseits am Fachvokabular der Satellitennavigation, andererseits sind die Geräte selber noch für Expeditionszwecke ausgestattet. Viele Funktionen braucht der normale Anwender überhaupt nicht, vielleicht 15 Prozent.
Machen GPS-Geräte Rad- und Wanderkarten überflüssig?
Nein, überhaupt nicht. Man soll die gute alte Karte ja nicht durch digitale Medien ersetzen. Sie wird ihre Rolle bei der Vorbereitung und Planung einer Tour behalten, weil sie übersichtlich und detailgetreu ist. Bei einer großen Karte kann ich auf einen Blick die Lage und die Länge der Tour erkennen, die Beschaffenheit der Oberfläche, die Sehenswürdigkeiten. Das Problem der GPS-Geräte ist das kleine Display. Sie zeigen nur einen Teil der Strecke und eignen sich nicht für eine umfassende Planung.
Das GPS-Gerät als Ergänzung zur Karte.
Genau. Man sucht sich zunächst auf der Karte eine Tour aus. Dann stellt man sich die Route auf einer digitalen Karte am PC-Monitor zusammen, überträgt sie auf das GPS-Gerät und radelt sie in der Natur ab. Oder man lädt Tourenvorschläge aus dem Internet komplett auf das GPS-Gerät herunter. Der große Vorteil: Mit der Satellitennavigation gewinnt man Orientierungssicherheit und braucht unterwegs nicht mehr anzuhalten.
Wenn die Satelliten aber ungünstig stehen, setzt das GPS-Gerät schon mal aus. Auf dem Display erscheint dann: „Signale schwach! Himmel frei?“
Das war früher der Fall bei den Gekos, den GPS-Geräten mit kleinen Batterien und relativ schwachen Empfängern. Heute sind die Empfänger, auch die der preiswerten Geräten von 100 Euro, aber so stark, dass man praktisch immer Signale hat.
Viele Autofahrer haben inzwischen ein Navi an Bord. Es ist kinderleicht zu bedienen. Das funktioniert mit GPS-Geräten am Radlenker noch nicht.
Inzwischen gibt es GPS-Geräte, die ein sogenanntes routingfähiges Feld- und Waldwegenetz haben. Routing bezeichnet die Fähigkeit des Gerätes, selbst Strecken auszurechnen. Man gibt ein Ziel ein, dann sucht das Gerät auf der digitalen Karte automatisch eine Wegeführung heraus. Die individuelle Planung ist aber noch wichtig und nur schwer automatisierbar.
Es gibt also kein Gerät, das Rad- oder Wandertouren einer Region auf Knopfdruck einspeist?
Eigentlich noch nicht. Die normalen Rad- oder Wanderkarten sind immer noch nicht im digitalen Bereich angekommen. Es gibt zwar präzise Karten mit topografischen Informationen, aber es fehlt an thematischen, ausgeschilderten Rad- und Wanderwegen. Zwar gibt es für das Radfernwegenetz, etwa 60.000 Kilometer, netzartig verknüpfte Routen wie den Weser-, Elbe-, Rheinradweg, aber für die feinen Strukturen vor Ort fehlt so etwas noch.
Welche Bedeutung hat der Einsatz von Outdoor-GPS-Geräten im Radtourismus?
Laut den Nachfragezahlen vom letzten Jahr fahren 25 Prozent der Mountainbiker sowie rund 10 Prozent der Radtouristen und Rennradfahrer mit GPS.
Und wie stark nutzen Touristiker die Möglichkeiten von GPS?
Die Touristiker tun sich noch etwas schwer. Bisher verleihen nur wenige Tourismusregionen GPS-Geräte mit fertig konfektionierten Touren. Verbreiteter ist, dass Tourenvorschläge in Form von Wegeverlaufsdateien, den GPS-Tracks, im Internet kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
INTERVIEW: GÜNTER ERMLICH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen