: Das Steuerparadies
Die Stadt Langenfeld will die niedrigste Gewerbesteuer in NRW einführen und so schuldenfrei werden
Langenfeld im Rheinland sieht sich als das Liechtenstein Nordrhein-Westfalens. „Willkommen im Steuerparadies Langenfeld“ war auf der Folie zu lesen, mit der Bürgermeister Magnus Staehler (CDU) und Kämmerer Detlev Müller Anfang der Woche eine Präsentation zum Wirtschaftsstandort Langenfeld beendeten. Die 60.000-Einwohner-Stadt will in den nächsten Jahren die niedrigste Gewerbesteuer im ganzen Land verlangen – und gleichzeitig die bundesweit erste schuldenfreie Stadt ihrer Größenordnung werden.
Im Jahr 2009 soll der Hebesatz für die Gewerbesteuer bei 360 Prozent liegen. Gütersloh – die Stadt mit dem bisher niedrigsten Satz – liegt bei 380 Prozent. Langenfeld sei „ausgesprochen unternehmensfreundlich“, sagt Staehler. Rund 1.800 mittelständische Unternehmen hätten sich angesiedelt – ein Beleg für den gelungenen Strukturwandel einer ehemaligen Stahl- und Textilstadt, findet er.
Die Senkung der Gewerbesteuer ist nach Ansicht von Martin Lehrer, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW, als „psychologisches Signal“ an die Unternehmen zu verstehen. „Die Stadt Langenfeld wird wohl nicht mit weniger Einnahmen rechnen, sondern von den Unternehmen einen gleich bleibenden Output erwarten.“
Für Bürgermeister Staehler ist die Senkung der Gewerbesteuer ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Steuerparadies. Vor zwölf Jahren hat er sein Büro im Rathaus bezogen und seitdem konsequent ein Ziel verfolgt: schuldenfrei werden. Ansporn ist ihm dabei die Schuldenuhr vor dem Rathaus, die gegen den Trend in NRW und im Bund antickt. „Die Schulden sinken kontinuierlich“, berichtet er stolz. Grund für den Abbau seien die „massiven Rücklagen“ der Stadt. Diese führten dazu, dass die Guthabenzinsen höher als die Zinsen seien, die durch Schulden entstünden. Der aktuelle Stand der Schuldenuhr liegt stets greifbar auf seinem Schreibtisch. „Im Moment steht die Pro-Kopf-Verschuldung bei 111 Euro pro Kopf“. Das sei „so gut wie nichts“.
Raten will Staehler anderen Städten, die neidisch auf Langenfeld schauen, nichts. „Jede Stadt muss ihren eigenen Weg finden.“ Auf einen Wettbewerb um die niedrigste Gewerbesteuer müssen sich Langenfelds Nachbarn nach Ansicht Lehrers vom Städte- und Gemeindebund nicht einlassen. „Wenn der Standort gut angebunden ist, kann man durchaus eine höhere Gewerbesteuer halten.“ K. HEIMEIER
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