Kampf gegen Studiengebühren: Warten auf das Paradoxe
Ohnmacht erzeugt irgendwann Gewalt. Doch die „Schädigung fremden Eigentums“ – Gewalt gegen Sachen gibt es juristisch nämlich nicht – liefert den Verursachern der Ohnmacht immer auch eine Legitimation für weitere Unterdrückung. Den Staatsschutz freut das und insofern stellt sich die Frage, ob brennende Privat-Autos von Universitäts-Rektoren eine sinnvolle Kampfansage sind? Natürlich nicht. Die sind selbst nur Befehlsempfänger eines Staates, der zynisch den Zugang zu allgemeiner Bildung beschneidet und sollten nicht zum Ziel der Ohnmacht gegen falsche Politik im Land werden. Der Druck auf die Verursacher der Bildungs-Missstände muss erhöht werden. Schnell, massiv und konsequent. Eine andere Strategie muss her.
KOMMENTAR VONPETER ORTMANN
Denn militante Gegner von Studiengebühren, die glauben, sie könnten eine flammende Bewegung wie in Frankreich anzetteln, werden scheitern. Dafür braucht es in Deutschland mehr als ein ohne Risiko abgefackeltes Auto. Unter Politikern, die behaupten, Bildung oder Arbeitslosigkeit seien unfinanzierbar geworden und die sich dennoch Geld und Altersversorgung in die Taschen stopfen, herrscht noch lange keine Unruhe. Das Heer der Arbeitslosen wurde mit billigem Pay-TV ruhig gestellt. Und der kostenlose Zugang zu hoher Bildung, der vielleicht einmal gefährlich werden könnte, wurde unbezahlbar gemacht. Die wenigen, denen das nicht passt, werden kriminalisiert. Das hat System in einem System, das bald alle strategischen Hügel videoüberwachen lässt.
Das Kapital sichert eben seine Besitzstände, wie einst der Adel seine Privilegien und mit Einzelaktionen wie in Bielefeld spielt man der Absicherungs-Strategie nur in die Hände. Um diese globalisierte Missgeburt zu knacken, braucht es böse, aber doch legitime Mittel. Das Paradoxon hat bisher keiner gelöst. Was bleibt, ist die verdammte Ohnmacht.
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