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„Unberührtes Gebiet“

Tagung An der Uni wird diskutieren LehrerInnen, wie es mit dem Deutschunterricht weitergehen soll

Matthis Kepser, 50

■ ist Professor für Didaktik der Deutschen Sprache an der Uni Bremen

taz: Herr Kepser, was gibt es zum Deutschunterricht zu besprechen?

Matthis Kepser: Es wird viel über die Kompetenzen diskutiert, aber kaum über die Inhalte – also was vermittelt werden soll. Ein Fach wie Deutsch muss seine Gegenstände immer wieder klären. Viele Inhalte, die sich ständig ändernde Lebensumstände mit sich bringen, sind im Bewusstsein der Lehrer allerdings nicht vorhanden.

Was fehlt?

Computerspiele etwa sind im Unterricht ein praktisch unberührtes Gebiet – obwohl sie vor allem für Jungen das wichtigste fiktionale Medium sind. Auch Spielfilme werden zu selten geschaut. Einige Lehrer lassen das weg, weil sie Vorbehalte haben. Die meisten aber fühlen sich für solche Aufgaben nicht richtig vorbereitet und ausgebildet.

Sie sprechen auch über das „Bremer Kollektiv“, das sich in den 70ern für einen kritischen und politischen Deutschunterricht eingesetzt hat.

Wir haben mit Bodo Lecke und Hans Joachim Grünwaldt zwei Vertreter des Kollektivs, mit Christine Garbe eine Kritikerin und mit mir jemanden auf dem Podium, der diesen Deutschunterricht zu seiner Schulzeit genießen durfte. Das Kollektiv war wichtig, weil es neue Texte wie politische Reden, Filme oder Werbung in den Mittelpunkt des Unterrichts gerückt hat.

Welche Rolle spielt kritische Bildung heute?

Es gibt wenig Spielraum. Lehrkräfte, die möchten, können sich den aber immer noch nehmen. Die heutige Lehrergeneration denkt aber weniger politisch als die des Kollektivs. Das führt natürlich dazu, dass der Unterricht nicht mehr so stark politisiert ist. Ob das nur zu bedauern ist, sei dahingestellt.

Sie meinen?

Vieles war damals einseitig und ideologielastig. Und die Bewegung hat sich ausschließlich mit Gymnasien auseinandergesetzt. Sie hat einen politischen Deutschunterricht geboren, der sich ausgerechnet um die gesellschaftlich Benachteiligten fast gar nicht kümmert. INT.: THA

Tagung: 5. bis 9. 9. an der Uni Diskussion zum „Bremer Kollektiv“: Sonntag, 17.45 Uhr im Rathaus

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