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Der kürzeste Bürgermeister

Nun gibt er offiziell auf. Christoph Ahlhaus, der die zweifelhafte Ehre hatte, Hamburgs kürzester Bürgermeister zu sein, gibt seinen Abschied von der Politik bekannt. Er wolle sich auf seinen Job als Rechtsanwalt konzentrieren, sagt der 44-jährige Christdemokrat, und das wird er auch müssen. Denn seine Kandidatur für den Bundestag hat seine rachsüchtige Partei voriges Jahr verhindert, und als Feierabend-Parlamentarier in Hamburg, wo der Hinterbänkler über brisante Themen wie die Zukunft der Wochenmärkte reden darf, gibt es nicht viel zu verdienen.

Dabei verursacht allein seine Villa in den gediegenen Elbvororten laufende Kosten, welche er seine als Luxuswohnungsmaklerin tätige Gattin Simone, die er in den sechs Monaten seiner Bürgermeisteramtszeit „Fila“ – zärtlich für: First Lady – zu nennen pflegte, nicht allein bestreiten lassen kann. Zumal Strom und Wartung für die mehr als eine Million Euro teure Sicherheitstechnik, welche der Steuerzahler in den Jugendstilbau mit eigenem Park investierte, schon beträchtliche Summen verschlingen.

Als Landesgeschäftsführer der CDU war das ehemalige Mitglied der schlagenden studentischen Verbindung „Turnerschaft Ghibellinia“ von Tübingen nach Hamburg gekommen, Staatsrat und Senator der Innenbehörde wurde er und im August 2010 schließlich beerbte er den regierenden Strahlemann Ole von Beust, als der lustlos den schwarz-grünen Chefposten im Rathaus räumte. Seinen wenig charismatischen Nachfolger habe er „keineswegs als Notlösung“ betrachtet, plauderte von Beust vor zwei Jahren leutselig aus, was nach den ungeschriebenen Gesetzen politischer Rhetorik exakt das Gegenteil bedeutet.

Im Februar 2011 aber errang der Sozi Olaf Scholz die absolute Mehrheit, und Ahlhaus halbierte mit 21,9 Prozent von Beusts Wahlergebnis. Seiner Partei gilt er seitdem als peinlicher Irrtum, niemand in der Hamburger CDU weint ihm eine Träne nach. Aber Politik ist ja bekanntlich kein Ponyhof.  SVEN-MICHAEL VEIT

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