piwik no script img

Rot-Schwarz holt den Hammer raus

FORSCH BEIM VOLKSENTSCHEID

„Zukunftsfähig“ hört sich einfach gut an

Man muss sie ja nicht mögen – aber was sich SPD und CDU als Strategie für den Volksentscheid über das Tempelhofer Feld zurechtgelegt haben, hat schon was sehr Erfolgversprechendes. Streiten über Wiesenbereiche, Sportplätze, Wohnungszahlen und andere Details? Alles Killefit für die Koalition – sie putzt alles Konkrete weg und mag es groß, ganz groß. In dieser Woche hat sie einen eigenen Gesetzentwurf für den Volksentscheid vorgelegt, und in ihrer Argumentation geht es am 25. Mai nicht um das Wie und Wo einer Bebauung, nicht bloß um die Frage, ob Bauen am Tempelhofer Feld überhaupt möglich sein soll oder nicht. Nein, Rot-Schwarz schwingt den ganz großen Hammer: Dort, am Tempelhofer Feld, soll sich entscheiden, ob Berlin zukunftsfähig ist oder auf Stillstand setzt.

Einer alten Schachweisheit zufolge gibt es auf jeden guten Zug einen guten Gegenzug. Aber hier scheint das nicht zu gelten. Wenn die eine Seite den Begriff „Zukunft“ für sich gekapert hat, was soll die andere da machen?

„Zukunftsfähig“ hört sich einfach gut an, vor allem bei denen, die keine Anwohner des Tempelhofer Felds sind. Welcher Reinickendorfer, Marzahner, Zehlendorfer wird sich schon selbst gern als Verhinderer sehen wollen? Erst recht, wenn in den Abstimmungsunterlagen dank einer Skizze klar ist, dass mehr als drei Viertel des Feldes und vor allem seine Mitte unbebaut bleiben. Es ist wie mit dem jüngsten Volksentscheid: Gegen „Energie in Bürgerhand“ war oberflächlich erst mal nicht viel zu sagen. Und an der Oberfläche werden auch am 25. Mai viele bleiben, je mehr, je weiter weg vom Feld sie sind.

Die Bürgerinitiative wird natürlich weiter um Unterstützung werben, wird versuchen, ihre Sichtweise überzeugend darzustellen, dass man auch anderswo in der Stadt bauen könne, dass es nicht diese – von allen Gruppen und Fraktionen so eingeschätzte – einzigartige Fläche sein muss. Reichen dürfte das aber abseits des Feldes nicht. Dort kann die Initiative im Grunde nur auf eins hoffen: dass der rot-schwarze Senat in den kommenden drei Monaten noch die ein oder andere Affäre oder BER-Eröffnungsverschiebung produziert und der Volksentscheid zu einer großen Protestwahl, unabhängig vom eigentlichen Thema, wird. Doch mag man wirklich auf Affären und Fehltritte hoffen? Das dann doch nicht. STEFAN ALBERTI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen