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„Falsche Prioritäten, falsche Finanzierung“

RENTENPAKET Mit demselben Geld würden die Grünen mehr Gerechtigkeit schaffen, sagt Kerstin Andreae

Kerstin Andreae

■ 45, ist Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag und Koordinatorin des Arbeitskreises Wirtschaft, Finanzen und Soziales.

taz: Frau Andreae, was spricht dagegen, die Rentenansprüche von älteren Müttern denen von jüngeren Müttern anzunähern?

Kerstin Andreae: Im Grundsatz kann man das machen. Das Problem an den großkoalitionären Plänen aber ist die Finanzierung: Eine solche Rente muss aus Steuermitteln bezahlt werden. Die Beitragskasse darf dafür nicht geplündert werden.

Sie argumentieren bei den Grünen gern mit Generationengerechtigkeit. Ist es nicht generationengerecht, die Erziehungsleistung von älteren und jüngeren Müttern ein wenig mehr anzugleichen?

In der Tat war der Stichtag 1992 bei der Berechnung der Mütterrenten willkürlich. Es ist aber nicht gerecht, wenn meine Mutter für die Erziehung ihrer drei Kinder nun 80 Euro mehr Rente bekommt, dies jedoch nur von meinen Mitarbeitern bezahlt werden muss, weil ich als Abgeordnete nicht in die Rentenkasse einzahle. Gerecht wäre, die Priorität bei einer Rentenreform nun auf die Bekämpfung der Altersarmut zu legen.

Die Altersarmut wird bis 2030, wenn die Rentenkürzungen aus rot-grünen Zeiten voll wirksam werden, ansteigen. Es wird schon vorher vor allem Frauen treffen, die den Broterwerb zugunsten von Kindern zurückgestellt haben. Die Mütterrente kommt auch ihnen zugute.

Bei Frauen in Altersarmut wird die Mütterrente auf die Grundsicherung angerechnet, sie haben also nichts davon. Das Rentenpaket der Großen Koalition ist falsch zusammengesetzt und verschleudert Geld, das woanders gebraucht wird. Die Rentenpläne der Regierung werden das Rentenniveau weitersenken. Das führt absehbar zu mehr Altersarmut.

Die Grüne Garantierente von 850 Euro, die gegen Altersarmut helfen soll, ist aber auch nicht billig.

Das schwarz-rote Rentenpaket kostet bis zu 10 Milliarden Euro im Jahr – mit den verdeckten Kosten kommen weitere Milliarden hinzu. Davon wäre die Garantierente gegen Altersarmut und die dringend notwendige Verbesserung der Erwerbsminderungsrente auf jeden Fall zu bezahlen – und der Rentenbeitrag bliebe trotzdem unter 20 Prozent. Für Erwerbsgeminderte tut die Regierung viel zu wenig. Dabei brauchen gerade die diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, mehr Unterstützung. Damit hätten wir dann die richtige Priorität gesetzt, für die richtige Finanzierung und für Generationengerechtigkeit gesorgt.

Die Rente ist bei den Grünen seit Jahren umstritten. Die rot-grünen Kürzungen, das Ja zur Rente mit 67 hat auch viele Grüne verstimmt. Ganz schön schwierig, die Große Koalition in der Sache gleichzeitig von links und von rechts anzugreifen, nicht wahr?

Diesen Eindruck teile ich nicht. Die Grünen stehen zur Rente mit 67, wir wollen aber auch die Wirtschaft in die Pflicht nehmen, damit längeres Arbeiten auch möglich ist. Das haben wir auf vielen Parteitagen so beschlossen. Eine Kombination aus besserer Erwerbsminderungsrente, Reha-Leistungen und Garantierente ist zukunftsfähig und gerecht.

INTERVIEW: ULRIKE WINKELMANN

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