: Der Asbest der Republik
Der Abriss des Palastes der Republik wird doppelt so teuer wie veranschlagt. Außerdem dauert er ein Jahr länger als geplant und soll erst im Frühjahr 2008 beendet sein. Grüne wollen nun Aufklärung
VON UWE RADA
Als Mitverhandlerin in den Sondierungsgesprächen von Klaus Wowereit war Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) von der schnellen Sorte. Den Abriss der Ruine des Palastes der Republik musste sie in der vergangenen Woche dagegen auf die lange Bank schieben. Ursprünglich für Ostern 2007 angekündigt, wird der Schlossplatz wohl erst ein Jahr später palastruinenfrei sein.
Grund für die im Berliner Baugeschehen übliche Verzögerung diesmal: Beim Abriss wurde Asbest gefunden, obwohl der Palast von 1998 bis 2003 grundlegend asbestsaniert worden war. Dadurch wird der auf 12 Millionen Euro veranschlagte Abriss womöglich fast doppelt so teuer – die beteiligten Firmen verlangten schon jetzt rund 10 Millionen Euro zusätzlich.
Franziska Eichstädt-Bohlig, bei den Sondierungen der grüne Kontrapart von Ingeborg Junge-Reyer, verlangt inzwischen die Einschaltung des Bundesrechnungshofes. Es könne nicht sein, dass nach einer langen Asbestsanierung, die ebenfalls doppelt so teuer geworden sei wie geplant, nun beim Abriss immer weitere Asbestfunde auftauchten, die neue Kosten verursachten.
„Das heißt doch, dass die Asbestbeseitigung jetzt ein zweites Mal bezahlt wird“, monierte Eichstädt-Bohlig. Es sei dringend erforderlich, dass der Bundesrechnungshof den Vorgang der Asbestsanierung und des heutigen Asbestsanierungsbedarfs prüfe, sagte sie.
Die haushaltspolitische Sprecherin der Linkspartei.PDS im Bundestag, Gesine Lötzsch, erklärte, der Skandal sei nicht die Existenz des Palastes, wie früher von vielen behauptet, sondern die „irre Verschwendung von Steuermitteln“ bei seinem Abriss. Lötzsch forderte ein „parlamentarisches Nachspiel“. Der Haushaltsausschuss des Bundestags solle sich „zeitnah“ mit dem Thema befassen.
Auch Vorsitzende des angesprochenen Ausschusses, Otto Fricke (FDP), hatte bereits einen Tag zuvor Aufklärung von der Bundesregierung verlangt. „Ich will wissen, wer für dieses miserable Herangehen und die Mehrkosten verantwortlich ist“, sagte der FDP-Abgeordnete.
Doch die Stadtentwicklungssenatorin hatte bereits im Januar, als sie den Fahrplan für die Abrissarbeiten bekannt gab, einen doppelten Boden gebaut. Die veranschlagten Kosten von 12 Millionen, hatte Junge-Reyer damals verkündet, „werden wir nur einhalten, wenn es zu keinen außergewöhnlichen Problemen kommt“.
Genau dieser Fall ist aber nun eingetreten: Die zusätzlichen Asbestreste waren bei den Abrissarbeiten in Fugen der Geschossdeckenplatten gefunden worden.
Die Frage ist nun, warum dies geschehen konnte – und wer dafür aufzukommen hat. Auch dafür hat Franziska Eichstädt-Bohlig eine Antwort. Sie verweist darauf, dass am Ende der Asbestsanierung 2003 keine Gewährleistung nach der Bauabnahme erfolgt sei. Das zuständige Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung bestätigt das, verweist aber darauf, dass das Gebäude gründlich überprüft wurde.
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