: Bremen macht sich weiter Hoffnung
Bremer PolitikerInnen bewerten die Konsequenzen des Berlin-Urteils Bundesverfassungsgerichts sehr unterschiedlich
Nach dem abweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Berliner Haushaltsnotlage-Klage gab sich Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) gestern optimistisch: Er sei überzeugt, Bremen erfülle „mit den in unserer Klage vorgelegten Zahlen und Fakten – anders als Berlin – die Kriterien des Urteils für eine extreme Haushaltsnotlage“.
Allerdings hatte das Gericht auf zwei Ebenen argumentiert: Erstens erfülle Berlin die Notlage-Kriterien nach dem Urteil von 1992 – das Sanierungshilfen des Bundes an Bremen nach sich gezogen hatte – nicht, heißt es in dem Urteil. Zweitens müsste die Notlage auch „absolut“ sein. Sanierungshilfen seien außerdem davon abhängig, „dass das Land alle ihm verfügbaren Möglichkeiten der Abhilfe erschöpft hat, so dass sich eine Bundeshilfe als einzig verbliebener Ausweg darstellt“, so das Gericht.
Das Gericht betont, dass Sanierungshilfen „Fremdkörper innerhalb des geltenden bundesstaatlichen Finanzausgleichs“ seien. Wenn – wie Bremen es immer wieder vorträgt – die Ursache der Überschuldung in einer nicht angemessenen Finanzausstattung liege, dann müsse eben das Finanzausgleichssystem geändert werden. Sanierungshilfe nehme in diesem Falle der Politik nur den Druck für „notwendige durchgreifende Lösungen“.
„Es wird schwer für Bremen, neue Sanierungshilfen zu bekommen“, kommentiert die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert das Berlin-Urteil. „Offensichtlich sind es die Karlsruher Richter leid, über Nothilfen für einzelne Länder zu entscheiden. Das Urteil erteilt der Politik den Auftrag, eine gerechtere Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern zu finden.“ Linnert hält es insbesondere für dringend notwendig, im Rahmen der Bremer Klage noch besser zu begründen, warum Bremen eine eigene Wohnungsbaugesellschaft, die Gewoba, brauche.
Hintergrund dieser Forderung: Das Bundesverfassungsgericht hatte insbesondere darauf verwiesen, dass Berlin durch den Verkauf seiner Wohnungsbestände fünf Milliarden Euro Schulden tilgen könne. Gleichzeitig hat das Gericht die Berliner Ausgaben mit denen Hamburgs verglichen und erhebliche Einsparpotentiale diagnostiziert. Die Bremer CDU, die den Vergleich mit Hamburg bisher abgelehnt hat – für Bremen fällt er bei der Kennziffer Investitionsquote sehr schlecht aus – lenkte gestern ein. Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) meinte, im Investitionsbereich habe die Große Koalition im Frühjahr, „weil der Nachholbedarf Bremens inzwischen im wesentlichen gedeckt ist“, bereits eine „neue Phase der Investitionspolitik eingeleitet“. K. Wolschner
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