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Rüffel für Rüttgers

Bundespräsident Horst Köhler kritisiert Jürgen Rüttgers‘ persönliche Hartz-Reform. Die Opposition gibt Köhler in der Sache recht, fordert ihn allerdings auf, sich aus der Tagespolitik rauszuhalten

VON HOLGER PAULERUND MARTIN TEIGELER

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bekommt einen Rüffel von höchster Stelle. Bundespräsident Horst Köhler kritisierte gestern den Rüttgers-Plan für eine Generalrevision von Hartz IV. „Der Vorschlag, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I nach der Länge der Einzahlungszeit zu staffeln, schwächt das Versicherungsprinzip“, sagte Köhler bei einer Rede vor Arbeitgebern in Bochum. Die Arbeitslosenversicherung sei „ein Bollwerk gegen Notfälle“ und „kein individueller Sparvertrag“, so das Staatsoberhaupt. „Ich bezweifle, dass so Vertrauen geschaffen werden kann.“

Dass ausgerechnet der konservative Bundespräsident den CDU-Regierungschef des größten Bundeslandes öffentlich attackiert, verschlug der Landes-CDU gestern die Sprache. NRW-Generalsekretär Hendrik Wüst war gegenüber der taz nicht zu einer Stellungnahme bereit. Die Köhler-Worte wenige Tage vor Beginn des CDU-Bundesparteitags in Dresden dürften die parteiinternen Gegner von Rüttgers stärken. Gegen den Widerstand vor allem süddeutscher CDU-Politiker will der NRW-Ministerpräsident in Dresden seinen Reformplan durchsetzen. Wer mindestens 40 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll 24 Monate Stütze erhalten, so Rüttgers‘ umstrittene Idee.

„Die Kritik Köhlers passt zu seiner Linie“, sagte Karl-Rudolf Korte, Parteienforscher an der Universität Duisburg-Essen. „Der Bundespräsident bekleidet zwar ein Integrationsamt, aber Horst Köhler ist dafür bekannt, dass er den Spielraum ausweitet – besonders in wirtschaftspolitischen Fragen. Er ist der erste Ökonom in diesem Amt.“ Eine Schwächung der Position des nordrhein-westfälischen Regierungschefs sieht Korte allerdings nicht. Jürgen Rüttgers habe quasi „das Copyright“ auf die Kritik an der Hartz-Gesetzgebung.

Unerwartete Unterstützung erhielt Rüttgers von SPD-Generalsekretär Michael Groschek. „Auch wenn Köhler mit seiner Kritik den Richtigen getroffen hat, sollte er sich aus der Tagespolitik raushalten“, sagte Groschek der taz. Der Bundespräsident habe seine Rolle noch nicht gefunden. „Viel wichtiger wäre es, Köhler würde sich dem Problem extremer Orientierungslosigkeit und steigender Gewalt widmen statt sich über Reformappelle zu ereifern.“

Andere SPDler aber unterstützen den Präsidenten. „Köhler sieht, dass die Hartz-IV-Reformen mit Weitblick gemacht wurden“, sagte SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer. Köhler erteile dem Populismus des Ministerpräsidenten eine klare Absage. Schmeltzer: „Der Bundespräsident gibt die Meinung der Menschen wieder, Rüttgers nur die Meinung der Stammtische.“

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