piwik no script img

„Deepwater Horizon“ ist potenziell überall

ÖLKATASTROPHE In ihrem Abschlussbericht fordert die US-Regierungskommission spürbare Reformen

BERLIN taz | Die US-Regierungskommission über die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko fordert deutliche Reformen und vor allem eine Verschärfung der staatlichen Aufsicht über die Offshore-Ölförderung. Ein ähnliches Unglück könne sich sonst jederzeit wiederholen. Bei der Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im April 2010 waren elf Menschen ums Leben gekommen. Fünf Monate lang floss das Öl ins Meer.

In dem Abschlussbericht, der gestern Präsident Barack Obama überreicht wurde, macht die Kommission konkrete Reformvorschläge. Demnach müssten die Aufsichtsbehörden mehr Geld erhalten und vor direkter politischer Einflussnahme abgeschirmt werden. Bohranträge sollten künftig nicht mehr in 30 Tagen bewilligt werden müssen, um eine intensivere Überprüfung zu erlauben. Dabei sollten auch Wissenschaftler der Ozeanografie- und Wetterbehörde NOAA und die US-Küstenwache beteiligt werden. Auch die Industrie solle stärker zur Verantwortung gezogen werden. So müsse die Schadenersatzgrenze für die Ölfirmen von derzeit gerade mal 75 Millionen US-Dollar deutlich angehoben werden, und die Branche solle ein Sicherheitsinstitut einrichten.

Bereits in der vergangenen Woche waren Teile des Reports veröffentlicht worden, in denen den beteiligten Konzernen – Ölkonzern BP, Plattformbetreiber Transocean und Öldienstleister Halliburton – weitreichendes Managementversagen attestiert wurde. Kosteneinsparungen seien vor Sicherheit gegangen. Diese Unternehmen erbringen ihre Dienstleistungen überall da, wo im Meer nach Öl gebohrt wird, sagte der Ko-Chef der Kommission, William Reilly. Und überall da könnten dieselben Probleme auftauchen. Deshalb sei er zu dem Schluss gekommen, „dass wir es mit einem systemischen Problem zu tun haben“, so Reilly.

Bereits im Dezember hatte die Regierung in Washington eine Schadenersatzklage gegen die Unternehmen eingereicht, in der es um viele Milliarden Dollar geht. Der jetzt vorgelegte Bericht dient in diesem Rechtsstreit als willkommene Munition.

Allerdings verschweigt die Kommission auch nicht, dass die Regierung selbst eine Mitschuld an der Katastrophe trägt, weil sie die teureren Sicherheitsstandards nicht vorgeschrieben hatte. Erst vor einer Woche erhielten 13 Firmen die Genehmigung zur Wiederaufnahme der Ölbohrungen im Golf von Mexiko. Den Bericht wartete die Regierung dafür nicht ab. Zu sehr steht sie unter dem Druck von Lobbyisten und der Ölindustrie nahestehenden Politikern. NICOLA LIEBERT

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen