: Die Kungler von der Opposition
DIREKTE DEMOKRATIE
Wenn Berlin mehr Bürgerbeteiligung bekommen soll, in welcher Form sollte darüber am besten diskutiert werden: mit Beteiligung der Bürger – oder ohne? Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh hatte für Donnerstag zur öffentlichen Debatte über seinen Vorstoß für mehr direkte Demokratie eingeladen. Saleh hatte nach der Tempelhof-Abstimmung angeregt, dass die Politik in Zukunft die Bürger befragen kann und die Bürger nicht immer erst Hunderttausende Unterschriften sammeln müssen. Bei dem Termin waren Initiativen, Vereine und Verbände eingeladen – und alle Fraktionen.
Die Fraktionsvorsitzenden von Grünen, Linken und Piraten sagten ab. „Das von Ihnen vorgeschlagene Format überzeugt uns nicht“, schrieben sie gemeinsam an Saleh. „Wir möchten Ihnen deshalb vorschlagen, einen ersten Termin aller Vorsitzenden der Fraktionen zu finden, bei dem wir unsere gemeinsamen Schritte in der Sache erörtern können.“
Es ist unfassbar: Da will der SPD-Fraktionsvorsitzende mit einem zukunftsweisenden Vorschlag für mehr direkte Demokratie sorgen, will Bürgern mehr Einfluss geben und die Stadtgesellschaft neu beleben. Und die Opposition blockiert es und will, dass die Politik lieber erst einmal untereinander kungelt.
Leider sagte auch die Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ ab: „Zu undeutlich ist auch, welche Relevanz diese Treffen haben werden und ob Senat und Abgeordnetenhaus jemals Konsequenzen daraus ziehen würden.“ Auch diese Absage ist unverständlich. Die Initiative hat doch immer kritisiert, dass ihr fertige Konzepte vorgelegt werden. Sie hat gefordert, dass Bürger mitreden können, bevor ein Verfahren festgelegt ist. Jetzt können sie das und wollen nicht mehr. Hoffentlich lässt sich die SPD-Fraktion davon bei ihrem Reformvorhaben nicht entmutigen. SEBASTIAN HEISER
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