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UNABHÄNGIGKEIT VON GAZPROM GEHT NUR MIT ERNEUERBAREN ENERGIENVon Weißrussland lernen

Die geopolitische Lage der Welt kann man derzeit ganz gut in Weißrussland analysieren. Erstens: Russland ist zurück. Die Ex-Supermacht hat sich dank seiner Rohstoffpolitik zurück auf den Thron der Supermächtigen katapultiert. Zweitens: Selbst kleinste Regionalkonflikte lassen die selbst erklärte Supermacht EU vor Russland zittern: Was ist schon eine fünffache Arbeitsproduktivität wert, wenn der Rohstoffhahn zugedreht wird?

Russlands staatlich dominierter Energiekonzern Gazprom wird zum Jahresbeginn 2007 den Gashahn nach Weißrussland zudrehen. Skandal zu schreien, ist völlig fehl am Platz: Genau wie die Ukrainer vor einem Jahr sollen die Weißrussen lediglich den Preis für russisches Erdgas bezahlen, der auf dem Weltmark erzielbar ist. Aus Sicht der novosibirischen Stahlwerkerin ist das absolut begrüßenswert: Warum soll Gazprom schließlich statt des eigenen wirtschaftlichen Aufschwungs den im Westen subventionieren? Aus Sicht des bundesdeutschen Autobauers allerdings muss der Schritt Angst machen: Der Anteil des Gases an der Energienachfrage wird drastisch steigen. Und aus dem Nordseeboden pressen die Anrainer gerade das letzte Quäntchen heraus.

Der Konflikt zwischen Minsk und der Gazprom lehrt deshalb ein Drittes: Eben weil die selbst erklärte Supermacht EU in den vergangenen Jahren geschlafen hat, ist sie keine Supermacht. Viel zu spät erwuchs die Einsicht, dass regenerative Energien effektivste Außenpolitik sind. Hätte die EU heute doppelt so viel Wind- und Solarstrom, wäre die Position des Verkäufers Russland längst nicht so komfortabel. Unerpressbar ist, wer unabhängig ist. Die EU aber hat versäumt, sich unabhängiger zu machen – und das hält an: Statt Offshore-Windparks wird eine neue Gazprom-Pipeline in den Ostseeboden gerammt. Lenin, der Baumeister der Supermacht im Osten, beschrieb seine Vision vom Aufstieg Russlands so: Kommunismus – das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung. Übersetzt ins 21. Jahrhundert muss der Bauplan lauten: Die Europäische Union – das ist Energieeffizienz plus Ausbau der erneuerbaren Energien. NICK REIMER

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