RECHTSEXTREME HETZE IM PROZESS GEGEN DEN HOLOCAUSTLEUGNER ZÜNDEL: Plattform für widerwärtige Thesen
Fünf Jahre Gefängnis für den Revisionisten Ernst Zündel. Ein gerechtes Urteil für den seit Anfang 2005 in Untersuchungshaft einsitzenden Hassprediger, der seit mehr als zwei Jahrzehnten hartnäckig den Holocaust leugnet und gegen Juden hetzt. Allerdings: Die Hälfte seiner Strafe hat Zündel bereits im Untersuchungsgefängnis abgesessen. Bei guter Führung kommt er vielleicht schon bald frei. Seine Advokatenriege hat ohnehin den Gang in die Revision angekündigt.
Der Prozess selbst war eine Zumutung für alle Beteiligten, die nicht der rechtsextremen Szene angehören. Die braunen Advokaten um den für die NPD aktiven Rechtsanwalt Jürgen Rieger nutzen das Verfahren als Plattform für die Verbreitung ihrer revanchistischen Thesen und zur Verlesung von angeblich wissenschaftlich fundierten „Erkenntnissen“ zur „Auschwitzlüge“. Und immer wieder versuchten die Anwälte, den gesundheitlich angeschlagen wirkenden Kammervorsitzenden zu provozieren und das Verfahren zu chaotisieren. Sehr zur Gaudi des braunen Auditoriums, das sich nur von einer massiven Polizeipräsenz von Beifallsbekundungen oder Zwischenrufen wie „Judenbengel!“ – gemeint war der Vorsitzende Richter – abhalten ließ.
Die Demokratie müsse das aushalten können, meinte an einem der letzten Verhandlungstage ein angehender Rechtsanwalt im Foyer. Was aber? Solche ekelhaften Prozesse? Oder solche ekelhaften Typen wie Zündel? Solange in Deutschland das Leugnen des Holocausts unter Strafe steht, ist das keine Frage. Die Rechtslage ist klar. Die Politik könnte das ändern. Denn schließlich haben die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen noch keinen Revanchisten davon abgehalten, seine volksverhetzenden Thesen in Wort und Schrift zu verbreiten. Ohne diesen Prozess jedenfalls wäre Zündel für die Rechtsextremisten jetzt kein Märtyrer. Und für die wenigen anderen, die ihn schon vorher kannten, wäre er immer noch das, was er schon immer war: Ein widerlicher, vom Hass verzehrter alter Mann mit wirren Gedanken im Kopf.KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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