: Post von der Köpi
Mit einem offenen Brief fahnden die Bewohner des Wohn- und Kulturzentrums Köpi nach dem neuen Hauseigentümer. Der hat sich seit der Zwangsversteigerung vor zehn Tagen nicht bei ihnen gemeldet
VON MATTHIAS LOHRE
Jeder möchte doch wissen, zu wem er gehört. Doch nur selten kommt es so weit, dass Hausbewohner in einem offenen Brief nach dem neuen Eigentümer ihrer vier Wände fahnden müssen. Die Menschen im linken Zentrum Köpi an der Köpenicker Straße 137/138 tun es.
Bewohner von Haus und Wagenplatz wenden sich seit Dienstag in einem Schreiben unter dem Titel „Köpi sucht Käufer“ an die Verantwortlichen hinter der Bezeichnung VKB GmbH & Co. KG. Der einzige Bieter hatte am 8. Mai bei einer Zwangsversteigerung das Köpi-Areal und drei angrenzende, unbebaute Grundstücke ersteigert. Mit 835.000 Euro betrug der Kaufpreis des Hauses nur die Hälfte des Verkehrswertes. Was und wer hinter der Firmen-Abkürzung VKB steckt, ist bislang unklar. Der offene Brief soll das bange Warten beenden.
Zwar besitzen die Bewohner der Köpi, die 1990 besetzt wurde, seit Mitte der 90er-Jahre Mietverträge. Doch ihre Sorge vor einer ungesicherten Zukunft treibt sie an die Öffentlichkeit. Im Appell heißt es in Richtung Käufer: „Wir fordern Sie auf, uns unverzüglich darüber in Kenntnis zu setzen, was Sie mit Ihrem Kauf beabsichtigen und wer Sie eigentlich sind!“ Beim Wohn- und Kulturprojekt gehe es nicht nur um „einige tausend Quadratmeter bester Citylage“, schreiben die Köpi-Bewohner, sondern auch um „den Lebensraum von über 100 Menschen, den wir seit 17 Jahren in Selbstverwaltung gestalten“. Sie befürchten, dass der neue Eigentümer das Projekt räumen lassen will.
Von Reaktionen auf ihren Appell wussten Köpi-Sprecher gestern auf Anfrage nichts zu berichten. Derweil haben die Bewohner eigene Nachforschungen nach dem Neueigentümer angestellt. Auf ihrer Internetseite www.koepi.squat.net heißt es, hinter der VKB GmbH stecke ein undurchschaubares Geflecht aus Briefkastenfirmen. Laut Köpi-Website hat eine Firma namens Plutonium GmbH sechs Tage vor der Zwangsversteigerung der Köpi die VKB GmbH gekauft, „um die Käufer zu verschleiern“. Nach Angaben des Amtsgerichts Mitte ist es möglich, dass der Erwerber bei der Auktion einen Bevollmächtigten vorgeschickt habe.
Seit Monaten hat das Wohnprojekt immer wieder Ärger. Im vergangenen Januar rückten Polizisten an mit der Begründung, im Haus gebe es einen „nicht genehmigten Schankbetrieb“. Die Kontrolle endete mit Rangeleien, blieb ergebnislos und hatte aus Bewohnersicht vielmehr zum Ziel, G-8-Kritiker bei ihrer Vorbereitung auf das Gipfeltreffen in Heiligendamm zu behindern. Nach der Versteigerung der Köpi war es zu mehreren Protestaktionen gekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen