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Ältere sollen länger ran

Die Regierungskoalition will, dass die Lebensarbeitszeit wieder wächst. Dafür sollen die Rente ab 67 Jahren und das Programm 50 Plus sorgen

AUS BERLIN KATHARINA KOUFEN

Die Deutschen werden immer älter, sind in der Regel länger fit, kriegen immer später Kinder – und doch gilt man auf dem Arbeitsmarkt mit 40 als alt. Wer gar mit 50, wenn zu Hause vielleicht die Einschulung der Kinder ansteht, arbeitslos wird, hat kaum mehr eine Chance auf einen Job. „Wir leben länger und arbeiten weniger – das kann Deutschland sich nicht leisten“, sagte Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) gestern. Und stellte im weihnachtlich rot und gold geschmückten Foyer seines Hauses die Initiative „50 Plus“ vor.

Es sei „eine Frage der Menschlichkeit, dass 50- oder 60-Jährige nicht zum alten Eisen gestellt werden“, betonte Müntefering. Zurzeit stehen weniger als die Hälfte der über 55-Jährigen noch im Berufsleben. 1,2 Millionen Arbeitslose sind über 50. Hinzu kommen viele Arbeitnehmer, die keine berufliche Perspektive mehr für sich sehen. Sie überbrücken die Jahre bis zur Rente mit Altersteilzeit und Frühverrentung. Müntefering warb mit drastischen Zahlen für seine Idee: 1960 haben Rentner im Durchschnitt 10 Jahre Rente bezogen, heute sind es 17 Jahre, 2030 bereits 20 Jahre. Und: Heute kommen auf 100 Erwerbstätige 28 Rentner, 2050 bereits 60.

Die Initiative 50 Plus soll, gemeinsam mit der „Rente mit 67“, diesem Trend entgegenwirken. Müntefering: „Wir wollen, dass die Lebensarbeitszeit wieder wächst.“ Noch in dieser Legislaturperiode soll der Anteil der über 55-Jährigen, die noch im Beruf stehen, um 10 auf 55 Prozent steigen – so jedenfalls wünscht es sich der Minister. Sowohl die Arbeitsmarktinitative als auch die Rente mit 67 wurden gestern Abend dem Kabinett vorgelegt.

Konkret setzt Müntefering seine Hoffnungen in drei Maßnahmen. Erstens: Älteren Arbeitslosen soll es schmackhafter gemacht werden, auch einen schlechter bezahlten Job anzunehmen. Deshalb erhalten sie im ersten Jahr 50 Prozent der Gehaltsdifferenz zum früheren Job als Zuschuss, im zweiten Jahr 30. Voraussetzung ist, dass der Empfänger noch mindestens 120 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Zweitens: Wer Menschen über 50, die mindestens ein halbes Jahr arbeitslos waren, für ein Jahr oder länger einstellt, erhält Zuschüsse. Das sind mindestens ein Jahr lang 30 Prozent der Lohnkosten und höchstens drei Jahre lang 50 Prozent. Drittens: Es wird einfacher, ältere Arbeitnehmer fortzubilden. Bisher wurden nur Betriebe mit bis zu 100 Beschäftigten mit Geld unterstützt. Auch mussten die Geförderten mindestens 50 Jahre alt sein. Jetzt darf ein Betrieb bis zu 250 Mitarbeiter haben und Menschen schon ab 45 fördern. Kosten für das Programm bleiben gering, weil für jeden Vermittelten Arbeitslosengeld sowie Wohnkosten wegfallen.

Die Gewerkschaften sehen in Münteferings Vorstoß „positive Elemente. Allerdings würden wir uns wünschen, dass die Eingliederungszuschüsse noch länger gezahlt werden“, sagte Wilhelm Adamy vom DGB-Bundesvorstand zur taz. Die Zuschüsse an die Unternehmen sollten dagegen nur bei „besonderen Vermittlungshemmnissen“ gezahlt werden. Die Opposition dagegen zeigte gestern wenig Enthusiasmus. „Das ist doch alter Wein in alten Schläuchen“, kritisierte Dirk Niebel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP. Die Politik habe den „Jugendwahn“ viel zu lange gefördert, durch Altersteilzeit und Programme zur Frühverrentung. Auch führe das in Deutschland herrschende „Senioritätsprinzip“ oftmals dazu, dass Ältere nicht mehr eingestellt werden. „Älter sein darf nicht heißen: Immer teurer, immer mehr Urlaub, immer mehr Kündigungsschutz.“ Markus Kurth, sozialpolitischer Sprecher der Grünen sieht in der Iniative „nur ein klassisches Lohnkostenzuschusspogramm“.

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