piwik no script img

ENTSCHEIDENDES DETAILSchwarzgeld

Wie das Pech für Gustl Mollath zum Segen wurde

Gustl Mollath sah sich als Opfer einer Schwarzgeld-Verschwörung. Deren Kreise hätten dafür gesorgt, dass er in der Psychiatrie landete. Vermutlich war es wohl andersherum: Weil sich Mollath in seine Verschwörungstheorie verrannte, wurde er psychiatrisiert und nicht mehr ernst genommen.

Auch die angeblichen Schwarzgeld-Schiebereien seiner Frau waren wohl nicht der Grund der Ehekrise. Wahrscheinlicher ist: Je mehr Petra Mollath sich von ihrem Mann entfremdete, umso verzweifelter machte dieser die vermeintlichen Machenschaften der HypoVereinsbank dafür verantwortlich.

Doch am Ende – das ist die bittere Ironie – hat ausgerechnet das Schwarzgeld Mollath gerettet. Nur weil immer mehr Menschen glaubten, in Bayern werde ein Bankenkritiker psychiatrisiert, begann sich die Justiz gründlicher mit dem Fall zu beschäftigen. Nur weil der Vorwurf so ungeheuerlich klang, stellte die Öffentlichkeit Fragen, die letztlich zu seiner Entlassung führten.

Der gute Ausgang – Entschädigung für Mollath – ist kein gutes Zeichen für den Rechtsstaat. Funktioniert der nur, wenn er von Verschwörungstheoretikern mit Massenzulauf in Frage gestellt wird, dann ist er kein Rechtsstaat. In der forensischen Psychiatrie sitzen wahrscheinlich noch mehr ein, denen zu Unrecht oder unnötig Gemeingefährlichkeit unterstellt wird. Sollen sie nur eine Chance auf Gerechtigkeit haben, wenn sie mit Fantasie den Staat unter Druck setzen? CHRISTIAN RATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen