: Schulkampf um Turbo-Abi
Volksbegehren beginnt
Am Donnerstag startet in Hamburg das dreiwöchige Volksbegehren zur Wiedereinführung des neunjährigen Abiturs (G 9) an den Gymnasien. Die Initiative „G 9-jetzt-HH“ fordert eine Wahlfreiheit für Eltern zwischen dem acht- und dem neunjährigen Bildungsgang. Bis zum 8. Oktober muss die Gruppe rund 63.000 Unterschriften sammeln, um eine Volksabstimmung erzwingen zu können.
Ihre Gruppe sehe sich als „Graswurzelinitiative“, die keine Hilfe von Parteien hat, sagt Sprecherin Mareile Kirsch. Deshalb wolle sie nicht einschätzbar sein und werde keine Angaben über die Zahl der Sammler machen. An diesem Wochenende werde sie 1.000 Plakate aufstellen.
Die Initiative stößt auf viel Gegenwind. Denn in Hamburg gibt es das „Zwei-Säulen-Modell“, nachdem das neunjährige Abitur bereits flächendeckend an allen Stadtteilschulen angeboten wird, während alle Gymnasien die auf acht Jahre verkürzte Schulzeit vorsehen. Eine Abfrage unter den Schulkonferenzen ergab eine Mehrheit für die Beibehaltung dieses Modells. Zuletzt warnte am Freitag der Katholische Schulverband vor einer Rückkehr zum G 9 an Gymnasien und startete mit 20.000 Flyern die Kampagne „Schulfrieden bewahren. Nein zum Volksbegehren!“. Schuldezernent Erhard Porten sagt: „Wir brauchen Zeit und Kraft für die innere Weiterentwicklung des bestehenden, allseits anerkannten Systems aus Stadtteilschule und Gymnasium – und nicht endlose Schulformdebatten.“ Statt Stadtteilschulschließungen, Lehrplanchaos und teuren Baumaßnahmen gelte es nun, die Schulen qualitativ zu stärken.
„G 9-jetzt-HH“ empört die Flyer-Kampagne. „Die Schulen sind zur Neutralität verpflichtet. Das wird hier verletzt“, sagt Kirsch. „Wir unterliegen als katholischer Schulverband nicht dem Neutralitätsgebot“, hält ein Sprecher dagegen. „Wir nehmen uns das Recht, zu gesellschaftlichen Themen Stellung zu beziehen.“
Auch alle fünf Parteien der Bürgerschaft sind gegen die Rückkehr zum G 9. Doch das könnte sich bei einer hohen Zahl an Unterschriften ändern, zumal der Wahlkampf beginnt.
Ein erfolgreiches Volksbegehren ermöglicht einen Volksentscheid. Der könnte im Mai 2015 stattfinden. KAJ
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