mediaspree: Die Chancen am Wasser nutzen
Mitten im Bauboom regt sich Widerstand gegen das Großprojekt Mediaspree, mit dem das einstige Grenzgebiet zwischen Friedrichshain und Kreuzberg ein neues Gesicht bekommen soll. Zur gestrigen Demonstration kamen zwar nicht viele. Aber die Befürchtungen, die das Projekt auslöst, sind beiderseits der Spree durchaus verbreitet: Kommerzialisierung, Zubetonierung, Verdrängung.
KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER
Diese Ängste sind nicht unbegründet: Durch die Bebauung und Ansiedlung von Unternehmen wird das Gebiet insgesamt aufgewertet. Dies könnte sich auch auf Wohn- und Gewerbemieten in den angrenzenden Kiezen auswirken. Dennoch schießt das ohnehin wenig realistische Ansinnen, das geplante Projekt Mediaspree in Gänze zu verhindern, über das Ziel hinaus.
Ein kleines Beispiel: Heute kann man auf der Kreuzberger Spreeseite von der Arena aus südwärts auf einem schönen Uferweg bis in den Treptower Park spazieren. Das ist im Vergleich zur unzugänglichen Industriebrache, die dort vorher war, eine Verbesserung der Lebensqualität – auch wenn hinter der Uferpromenade ein riesiger Büroturm steht. Ähnlich zugänglich sollen weitere Spreeufer werden – gut so.
Klar, öffentliche Uferwege könnte es auch in Spreeparks ohne Bürotürme geben. Wer so redet, verkennt aber die marktwirtschaftliche Realität, der sich Berlin schlecht entziehen kann. Die arme Stadt hat nicht viele Pfründe, mit der sie um die Ansiedelung von Jobs, die Einkommen nach Berlin bringen, wuchern kann. Ein kreatives Image in Friedrichshain-Kreuzberg und alte Gebäude in schöner Lage am Wasser gehören dazu.
Dieses Potenzial stadtverträglich zu nutzen, ist Aufgabe der Politik – auch um der Verarmung der Innenstadt entgegenzuwirken. Und manch Kiez-Student, der heute demonstriert, wird sich morgen freuen, einen Job als Mediendesigner, Trendscout oder Veranstaltungstechniker zu kriegen. An der Spree.
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