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Vom Landwirt zum Windkraft-Investor

UNTERNEHMER Wulf Nöhren hat in den 90ern angefangen, in Windkraft zu investieren – mit Umweltschutz hatte das aber nichts zu tun. Heute ist er Geschäftsführer von zwölf Anlagen in vier Windparks und kann gut davon leben. Wenn er aus dem Fenster schaut, kann er auf seine Türme schauen

Da stehen sie, 350 Meter entfernt, weiße Türme inmitten eines grünen Maisfeldes. Bald, wenn der Mais geerntet und in die benachbarte Biogasanlage transportiert wird, kann Landwirt Wulf Nöhren seine Windkraftanlagen wieder in voller Pracht mustern, von oben bis unten, die ganzen 100 Höhenmeter. Nöhren blickt durch das Panoramafenster seiner Küche hinüber ins Maisfeld. Heute, sagt er, könne mit der staatlich garantierten Einspeisevergütung jeder Geld verdienen. Er selbst wäre damals ein finanzielles Risiko eingegangen. Nöhren wirkt nicht wie jemand, der sich öffentlich auf die Schulter klopfen würde, aber sein Lächeln offenbart, dass er zumindest daran denkt. Und warum sollte er sich dafür schämen? Nöhren erntet die Früchte seines Unternehmertums.

Ende der 80er-Jahre nahm Nöhren an einer Informationsveranstaltung der Bredstedter Landwirtschaftsschule teil. Mit dem Retten der Umwelt hatte das nichts zu tun. Für ihn zählte der wirtschaftlichen Aspekt, es ging ums „Geld verdienen“. Nöhren setzte auf Risiko, investierte 300.000 D-Mark und 1995 wurde die erste Windkraftanlage montiert. Heute ist er Geschäftsführer von zwölf Windkraftanlagen in vier Windparks. „So viele Leute haben es gut von der Windenergie.“ Es gebe neue Arbeitsstellen und die Gemeinde bekomme Geld. Wie steht er Kritikern gegenüber? Für Nöhren ist Kritik nicht entscheidend. „Ich als einziger kann sowieso nichts ändern.“ Es gebe viele Neider und viele hätten sich gefreut, hätte es damals für ihn nicht geklappt – das ist sein Eindruck von den Anfängen in den 90er-Jahren Aber er suchte sein Glück. „Ich war jung und dynamisch“, bereit für Abenteuer. Während des Gesprächs wippt er unter dem Tisch unruhig mit den Füßen. Er ist 62 und macht den Eindruck, als falle ihm das Stillsitzen noch heute schwer.

Es gibt Menschen in unmittelbarer Nähe von Windkraftanlagen, die über die Lautstärke und Schallwellen klagen. „Ja, da gehen die Meinungen auseinander“, sagt Nöhren. Und wie sieht er das? „Ich weiß es nicht.“ Seine Frau schlafe schlecht, aber er glaubt, das habe andere Gründe. Es gebe auch Menschen, die, bevor sie ein Hausgrundstück kaufen würden, jenes mit einer Wünschelrute abgehen auf der Suche nach Erdstrahlen. Die Vorstellung scheint ihm fremd. „Ich glaube nicht an Strahlen.“

Ein Nachbar hatte sich einmal über die Lautstärke seiner Windmühle beschwert. Sicher, leise seien die nicht, soviel weiß auch Nöhren. Aber ihn stört das Rauschen nicht, und er verstehe nicht, wie es dann den Nachbarn stören könne, der schließlich genauso weit weg von der Windmühle wohne wie er selbst. Ansonsten kenne er keine weiteren Beschwerden. Im Dorf seien die meisten an den Windanlagen beteiligt. „Und wenn man beteiligt ist, ist das anders, als wenn man nicht beteiligt ist. Wenn es denn gut läuft. Und es läuft hier gut.“

Zu Nöhrens Haus führt eine dunkle Graniteinfahrt. Der Eingang zur Tür ist überdacht und wird flankiert von zwei weißen Säulen. Auf den ersten Blick erinnert der Eingang damit an eine Miniatur-Ausgabe eines Südstaaten-Hauses in den USA. Aber es sind keine schmuckvollen Säulen, die Nöhrens Eingang zieren. Jeder seiner Säulen ist so schlicht wie der Turm einer Windkraftanlage. Geht man um das Haus herum, dann stehen in einiger Entfernung auf einer Wiese viele neue Windkraftanlagen. Das sehe tatsächlich nicht allzu gut aus, gibt Nöhren zu. Es würde besser aussehen, sagt er, wenn er an ihnen beteiligt wäre. „Aber in tausend Jahren steht hier sowieso keine Windmühle mehr.“ So lange trinkt er Kaffee und genießt den Blick aus dem Küchenfenster auf seine Windkraftanlagen.  E. F. KAEDING

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