: AWO übernimmt Jugendarbeit im Sonnenland
Der bisherige Träger, das „Stadtteilprojekt Sonnenland“, konnte sich in einem Ausschreibungsverfahren nicht durchsetzen. SPD weist Vorwürfe der „Vetternwirtschaft“ klar zurück und wirft CDU „politische Effekthascherei“ vor
Der Streit um die Kinder- und Jugendarbeit im Billstedter Stadtteil Sonnenland ist entschieden: Das Stadtteilprojekt Sonnenland verliert die öffentlichen Mittel und an seiner Stelle wird die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Träger der Kinder- und Jugendarbeit im Quartier.
Die Abgeordneten der Bezirksversammlung lagen mit dem Stadtteilprojekt im Streit, seit sie Anfang Januar beschlossen hatte, die bisherige Förderung einzustellen und per Ausschreibung einen neuen Träger zu suchen (taz berichtete). Der Leiter des Projekts, Bodo Kriehn, wehrt sich gegen die „Blitzschließung“. Er nennt die Ausschreibung eine „Farce“ und wirft den Politikern vor, sie hätten bis heute keine Gründe für ihre Entscheidung benannt. Das Projekt fühlt sich auch deshalb ungerecht behandelt, weil es seit rund 40 Jahren im Stadtteil arbeitet: „Wir haben jahrelang eine Vertrauensbasis aufgebaut“, sagt Kriehn.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bezirk Hamburg-Mitte, Andy Grote, verweist aber darauf, die Träger könnten schließlich auf ihren Projekten nicht wie auf Erbgütern sitzen. Angesichts der sich verändernden Problemlagen in der Jugendarbeit sei es an der Zeit gewesen, die Arbeit neu auszurichten und allen Trägern die Chance zu einer Bewerbung zu geben.
Die Entscheidung fiel auf der Grundlage eines Punktesystems, bei dem die Bewerbungen in verschiedenen Kategorien benotet wurden. Am Ende lag die AWO vor den Sonnenländern und den übrigen fünf Bewerbern. Grote erhofft sich vom Neuanfang mit der AWO eine „in alle Richtungen optimierte Jugendarbeit“.
Die Bezirksfraktion der CDU nahm die Entscheidung unterdessen zum Anlass, der SPD „roten Filz“ und „Vetternwirtschaft“ vorzuwerfen. Der Grund: die „politische Nähe zwischen SPD und AWO“. Das Punktesystem trug zwar auch die CDU mit. Ihr Abgeordneter Peter Herkenrath sagte aber, einige Ausschussmitglieder seien von vornherein auf die AWO „eingeschossen“ gewesen und hätten ihre Noten dementsprechend verteilt.
Den SPD-Abgeordneten Falko Droßmann hat dieser Vorwurf „unwahrscheinlich geärgert“: „Ich hatte kein Herzblut für die AWO“, sagt er. Diese sei aber nun einmal in der Punktewertung vorn gelandet, unter anderem, weil sie Stabilität verspreche und einen überzeugenden interkulturellen Ansatz vorgeschlagen habe. Die Kritik der CDU empfindet Droßmann als „politische Effekthascherei“, die das Verfahren auch gegenüber dem bisherigen Projektträger angreifbar mache.
In der Tat wollen die Sonnenländer die Entscheidung nicht hinnehmen und Widerspruch gegen die Vergabe erheben. Geschäftsführer Kriehn sagte, das Projekt hinge zu mehr als 90 Prozent von öffentlichen Geldern ab und müsse deshalb nun die Arbeit in der bisherigen Form einstellen. Die Sonnenländer wollen aber nicht aufgeben, sondern neue, weniger aufwendige Angebote planen und sich außerdem auch wieder um öffentliche Gelder bemühen. Auch die CDU will im Sinne ihres Filz-Vorwurfes „alle Möglichkeiten prüfen, um diesen Beschluss wegen Befangenheit aufzuheben“.KARIN CHRISTMANN
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