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Schülern Hoffnung auf Mindestlohn gemacht

Wenn Wahlkampf ist, versprechen Politiker gern viel. Zum Beispiel, dass Mindestlohn für Schüler gelten soll

Über die Politik für Bremen gab es in diesem Wahlkampf nur wenige konkrete Kontroversen, umso mehr aber über das bundespolitische Thema „Mindestlohn“. Auch im Schulzentrum Walliser Straße ging es vorige Woche darum. „Ich bin 18 Jahre alt und besuche in Tenever die Höhere Handelsschule“, berichtete Katharina H., die an der Wahlkampf-Veranstaltung teilnahm. Da es ihre Eltern nicht so dicke hätten, sei sie „gezwungen, einen Nebenjob zu machen. Ich arbeite im Monat 70 Stunden und verdiene 5,70 Euro die Stunde.“ Klar, dass sie bei der Podiumsdiskussion den Bildungssenator fragte, ob das auch für sie gelten würde – 7,50 Euro Mindestlohn oder Kombilohn für Schüler-Jobs?

„Ich habe Willi Lemke (SPD) und Jens Crueger (Grüne) als Verfechter des Mindestlohnes so verstanden, die 7,50 Euro würden auch für mich gelten“, schreibt Katharina H. der taz. Und: „Das finde ich toll, da ich dann 20 Stunden weniger arbeiten müsste und mehr Zeit für die Schule hätte.“ Auch Claas Rohmeyer (CDU) habe sie so verstanden, dass der Staat im Modell Kombilohn ihren Stundenlohn anheben würde.

Klar, sagt Bremens DGB-Vorsitzende Helga Ziegert wie auch Jens Crueger von den Grünen, gerade für Jobs auf 400-Euro-Basis müsse der Mindestlohn gelten, sonst würde ja der Mindestlohn dazu führen, dass noch mehr Arbeit auf solche Jobs abgewälzt wird. Crüger: „Wenn der Mindestlohn zur Ausbeutung von jungen Leuten beiträgt, finde ich das nicht in Ordnung.“ Ziegert: „Jeder, der einen Schüler oder eine Schülerin beschäftigt, soll den Mindestlohn zahlen.“

Das scheint allerdings eher sozialpolitisches Wunschdenken zu sein. Die SPD-Forderung nach Mindestlohn beziehe sich auf normale Arbeitsverhältnisse, nicht auf Aushilfs-Jobs, sagt Jens Böhrnsen. Wenn jemand einen normalen Arbeitsvertrag habe, müsse er davon seinen Lebensunterhalt bestreiten können.

Für 400-Euro-Jobs habe er den Kombilohn nicht gefordert, meint auch Claas Rohmeyer. Er habe das allgemeiner gesagt. Nur wenn Schüler Vollzeit in den Ferien arbeiten, müsse der Kombilohn für sie gelten. Das Thema Kombilohn sei aber nicht sein Spezialgebiet – er verweist auf die Wahlkampf-Materialien der CDU für den Bremer Wahlkampf. Da steht unmissverständlich, dass das für Nebenjobs nicht gelten soll: „Wir wollen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, ein Einkommen erzielen, von dem sie auskömmlich leben können.“ Und das bedeutet: „Nur dort, wo die Gewerkschaften und Arbeitgeber sich nicht in der Lage sehen, 7,50 Euro Mindesteinkommen zu vereinbaren“ – das heißt: nur bei tarifvertraglich geregelten Arbeitsverhältnissen – solle der Staat eingreifen. kawe

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