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Deutsche Linke im Kopenhagen-Fieber

In zwanzig Städten demonstrieren Tausende teils gewaltsam gegen die Räumung eines linken Jugendzentrums in Dänemark. Szenekenner erklären die neu erwachte Protestfreude mit den Vorbereitungen auf den Heiligendammer G-8-Gipfel im Juni

AUS BERLIN FELIX LEE

In Kopenhagen ist Tino F. noch nicht gewesen. Und nicht mal den Namen „Ungdomshuset“ kann er sich merken. Trotzdem beteiligte sich der 26-Jährige am Samstagabend in Berlin an der Demonstration gegen den Abriss des Anfang März geräumten linken Jugendzentrums in Dänemarks Hauptstadt. Der dänische Name sei ihm „schnuppe“, sagt Tino. Schließlich gehe es ihm allgemein um linke Projekte, die auch in Deutschland vor ihrem Aus stehen. „Kopenhagen ist schließlich überall.“

Wie Tino haben am Wochenende bundesweit mehrere tausend Menschen gegen die Räumung des Ungdomshuset demonstriert. Dänische Polizisten hatten das Jugendzentrum in den frühen Morgenstunden des 1. März gewaltsam geräumt und wenige Tage später abgerissen. Zunächst kam es nur in Kopenhagen zu Ausschreitungen. Inzwischen hat die Protestwelle ganz Europa erfasst. Demonstrationen gab es seitdem in mehr als 20 deutschen Städten, darunter Rostock, Braunschweig und Lüneburg, wo jeweils zwischen 80 und 200 Menschen auf die Straße gingen. Auch in Amsterdam, Oslo und Bern solidarisierten sich mehrere tausende Demonstranten mit ihren dänischen Genossen.

Die bisher größte Demonstration auf deutschem Boden fand am Samstagabend in Berlin statt. Nach Polizeiangaben zogen zunächst rund tausend Menschen von der Innenstadt in den Stadtteil Prenzlauer Berg. Teilnehmer sprechen von doppelt so vielen Demonstranten. Im Anschluss der Kundgebung kam es zu Ausschreitungen zwischen einem Teil der Demonstranten und der Polizei. Vereinzelt sollen Flaschen und Feuerwerkskörper geflogen sein. Die Polizei nahm acht Personen vorläufig fest. Ihnen wird unter anderem Landfriedensbruch, versuchte Gefangenenbefreiung und Körperverletzung vorgeworfen. Die von der hohen Teilnehmerzahl völlig überraschte Polizei war mit rund 800 Beamten im Einsatz.

Zu Ausschreitungen kam es am Freitagabend auch in Dresden. Dort hatten sich mehrere hundert Demonstranten versammelt, um ihre „Solidarität mit Kopenhagen“ zu bekunden. Etwa 70 von ihnen besetzten ein leerstehendes Haus, das von der Polizei wenig später jedoch wieder geräumt wurde.

Von dem Ausmaß der bundesweiten Solidaritätsbekundungen mit einem Jugendprojekt in Kopenhagen sind deutsche Aktivisten selbst überrascht. Tanja Rode, die den Protestzug in Berlin mit organisiert hatte, führte den Flächenbrand auf die Vorbereitungen für die anstehenden Proteste gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm zurück. Die meisten linken Gruppen hätten in den vergangenen zwei Jahren kaum etwas anderes getan, als sich auf den Gipfel vorzubereiten. Die linke Szene sei momentan europaweit „bestens vernetzt“, sagte Rode der taz. Zudem könnten es viele kaum erwarten, in Aktion zu treten. „Wir wollen endlich losstarten.“

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