: Die Jagd beginnt schleppend
FERIENWOHNUNGEN Bei der Recherche nach zweckentfremdeten Wohnungen beklagen die Bezirke den Mangel an Personal – und auch die fehlende Recherchesoftware
ANTJE KAPEK, GRÜNE
VON TOBIAS KRONE
Vor genau sechs Monaten endete die Frist, in der Berliner Mieter die Nutzung ihrer Räume als Ferienwohnungen noch selbst bei den Bezirksämtern anzeigen konnten. Sie werden noch bis zum 30. April nächsten Jahres ihre Wohnungen an Touristen vermieten dürfen. Alle, die das bisher nicht getan haben, handeln illegal und müssen mit bis zu 50.000 Euro Strafe rechnen, wenn sie erwischt werden. Doch dass Vermieter unerlaubter Ferienwohnungen – Schätzungen gehen von 16.000 aus – in den nächsten Monaten erwischt werden, ist wohl relativ unwahrscheinlich. Probleme bereiten den Bezirken sowohl die personellen Kapazitäten als auch die Methoden, Ferienwohnungen im Internet zu ermitteln.
Lärm, Party, Müll im Treppenhaus. Vielen Nachbarn stinkt der Tourismus in ihrem Wohnblock. Sie melden es dem Bezirk, wenn sie den Verdacht haben, dass über oder unter ihnen eine Ferienwohnung vermietet wird. Über hundert solcher Beschwerden hat der Leiter eines Bezirkswohnungsamts, der namentlich nicht genannt werden möchte, derzeit auf seinem Schreibtisch. Das Zweckentfremdungsgesetz sieht nun eigentlich vor, dass er diesen Beschwerden nachgeht, vor Ort vorbeischaut und im drastischsten Fall gegen das Urlaubsnest im Wohnblock vorgeht. Doch so weit ist es noch nicht. Zunächst sind die meisten Berliner Bezirksämter damit beschäftigt, die Selbstanzeigen zu prüfen, damit dann 2016 die Wohnungen für den Mietmarkt zur Verfügung stehen.
34 Stellen hat der Senat den Bezirken für die Ermittlung von Ferienwohnungen zugeteilt, je vier für die besonders betroffenen Innenstadtbezirke wie Mitte oder Kreuzberg-Friedrichshain, je zwei für Außenbezirke. Die „Sachbearbeiter Zweckentfremdung“ werden entweder aus internen Mitarbeitern der Bezirksämter oder in Ausschreibungen rekrutiert.
Diese Mitarbeiter, sofern sie schon eingearbeitet wurden, haben gerade ordentlich zu tun. Dies zeigt das Beispiel des Bezirks Pankow, zu dem auch das bei Touristen beliebte Viertel Prenzlauer Berg zählt. Von 782 Selbstanzeigen wurden 324 bereits bearbeitet, so der Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU) schriftlich. „Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Personalressourcen“ würden die restlichen Selbstanzeigen abgearbeitet. Erst danach werde man sich den rund 100 Hinweisen aus der Nachbarschaft widmen. Dies alles stemmt der Bezirk Pankow derzeit mit nur einer einzigen Sachbearbeiterin, vorgesehen waren vier. Während für die zwei neuen Stellen noch das Ausschreibeverfahren laufe, habe die Senatsverwaltung bisher die zugesagte fehlende Überhangstelle immer noch nicht benannt.
Kritik an der Personalpolitik des Senats sieht auch Grünen-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek. „Die 34 Stellen sind ein erster Schritt. Doch die Bezirke brauchen mehr Personal, um ihre Kontrollaufgabe wahrzunehmen.“
Neben den personellen Engpässen steht eine weitere wichtige Frage im Raum: Wie können die Sachbearbeiter selbst tätig werden, um Ferienwohnungen aufzustöbern? Der Lösung dieses Problems hat sich Stadtbezirksrat Stephan von Dassel (Grüne) verschrieben. Da es die Datenschutzrichtlinien den Bezirksmitarbeitern nicht erlauben – beispielsweise durch Under-Cover-Zimmerbuchungen –, die oft von den Internetportalen verdeckten Adressen illegaler Ferienwohnungen aufzuspüren, setzt er auf ein neues Computerprogramm. Dieses würde im Netz die verdeckten Geokoordinaten auslesen. Derzeit werde dessen Zulässigkeit noch geprüft.
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