piwik no script img

KOMMENTAR von ELISABETH FREYNur besseres Hartz IV

Bis zu dem Gespräch mit der Bildungssenatorin in der Hamburger Straße kannte ich sie nur aus Erzählungen. Als ich sie dann erlebte war ich schockiert.

In ihrer Rhetorik und auch in ihrer Gestik setzte sie auf einen herrschaftlicher Duktus. Zum Beispiel erhob sie sich zum Sprechen und weigerte sich so, mit uns auf Augenhöhe zu kommunizieren. Dieses patriarchale Verhalten setzte sie auch in der Bildungsdeputation am 13. Oktober fort. Zwar übergab sie netterweise das Rederecht an die Vertreter der demonstrierenden Bündnisse, ging jedoch mit keinem Wort auf die Redebeiträge ein. Die Redeerlaubnis war also auch nicht mehr als eine kleine symbolische Geste. Das Recht zu Sprechen ist offensichtlich nicht gleichzusetzen mit dem Recht, angehört zu werden.

Unsere Senatorin fordert von uns „Solidarität“ und „Verständnis“ für ihre Entscheidungen. Gleichzeitig zeigt sie aber weder das eine noch das andere für uns, die SchülerInnen, die sie in ihrem Amt doch eigentlich vertreten, für die sie kämpfen sollte. Wieder und wieder betont sie, dies doch während der schrecklichen Koalitionsverhandlungen getan zu haben, dass die Schlacht ums Geld an die „Grenzen des Erträglichen“ gegangen sei und bettelt nun öffentlich um Mitleid für das posttraumatische Stresssyndrom, dass sie in jener davongetragen hat.

Auch erwähnt Frau Jürgens-Pieper ein „bremisches Phänomen“, die Angst vor der Nichtweiterführung ihrer Schulreform. Geflissentlich übersieht sie, dass ihre Veränderung an anderer Stelle verheerende Folgen hat.

Eine andere Taktik, die die Senatorin verfolgt, ist die Abwälzung von „Schuld“ auf andere. Ständig verteidigt sie ihre eigene Person, anstatt Fragen zu beantworten und erklärt uns, sie sei die falsche Ansprechtpartnerin, sie habe nichts zu entscheiden, der Koalitionsvertrag sei an den untragbaren Lernbedingungen schuld, die Schulleitungen oder auch die regierenden Parteien auf Bundesebene.

Daraus ergibt sich doch die Frage: Was tut eine Senatorin eigentlich? Was ist ihre Aufgabe? JüPis so offen zur Schau gestellte Unverantwortlichkeit lässt mich zu dem Schluss kommen: „Senator“ ist auch nur ein besseres Hartz IV.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen