piwik no script img

Asiamarkt abgefackelt

Der erste Brandanschlag auf einen Asiamarkt in Berlin: Konkurrenz unter asiatischen Gruppen?

VON MARINA MAI

Auf dem größten Berliner Asiamarkt, dem Dong-Xuan-Großhandelszentrum in der Lichtenberger Hertzbergstraße, ist in der Nacht zu Dienstag ein Nebengebäude vollständig ausgebrannt. Es handelt sich um den 2.000 Quadratmeter großen Markt eines Vietnamesen für 99-Cent-Artikel. Zu DDR-Zeiten war die Halle eine Gießerei im ehemaligen VEB Elektrokohle Berlin.

Die Polizei geht von Brandstiftung aus, erklärte der Einsatzleiter vor Ort der taz. Tatverdächtige gebe es noch nicht. Die ausgebrannte Halle war Dienstagmittag noch großflächig mit Löschschaum übersät, Brandgeruch lag in der Luft. Spürhunde hätten bei der Suche nach Brandbeschleunigern mehrfach angeschlagen. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen, so die Polizei. Durch die Löscharbeiten kam es in der Nacht zu Sperrungen für den Fahrzeug- und Straßenbahnverkehr in Lichtenberg.

Der Markt, in dem Vietnamesen, Chinesen, Pakistani und Inder als Großhändler Waren anbieten, war gestern verwaist: Dienstag haben Asiamärkte geschlossen. Nur der Inhaber der benachbarten Autoreparaturwerkstatt, ein Vietnamese, war vor Ort. „Ich wurde in der Nacht angerufen, weil es brannte, und bin sofort in meine Werkstatt gefahren“, erzählt er. „Ich war erleichtert, dass meine Werkstatt unversehrt geblieben ist.“

Unzerstört blieben auch die Hauptgebäude, drei riesige Großhandelshallen für Textilien, Schuhe, Gewürze und Kunstblumen aus Fernost. Das Opfer des Brandes, ein vietnamesischer Schnäppchenhändler, weiß möglicherweise noch nichts von seinem Schaden. Er hält sich derzeit im Ausland auf.

Es ist der erste Brandanschlag auf einen Asiamarkt in Berlin. In Leipzig, Dresden, Erfurt, Magdeburg, Prag sowie in verschiedenen Orten im deutsch-tschechischen Grenzgebiet wurden seit den 90er-Jahren immer wieder Brandanschläge auf Asiamärkte verübt. Zuletzt war im September in Magdeburg ein Markt vollständig abgebrannt. Die überwiegende Zahl dieser Brände konnte von der Polizei bisher nicht aufgeklärt werden. In Sachsen geht die Polizei allerdings nicht von einem rechtsradikalen Täterkreis aus, sondern von mafiösen Gruppierungen oder wirtschaftlichen Konkurrenten aus denselben ethnischen Gruppen wie die Opfer.

Auch in Berlin hat das Landeskriminalamt vor wenigen Jahren mit Brandanschlägen auf Asiamärkte durch vietnamesische Banden gerechnet. So wurden vietnamesische Großhändler nach eigenen Angaben 2004 zur Polizei bestellt, auf die Gefahrensituation hingewiesen und aufgefordert, ihre Sprinkleranlagen und Feuerlöscher zu prüfen.

Das Wochenmarktgewerbe durch asiatische Händler verliert in den letzten Jahren kontinuierlich Kunden. Somit macht auch der asiatische Großhandel immer weniger Umsatz, während die Verkaufsflächen bis vor wenigen Jahren gestiegen sind. Es konkurrieren immer mehr Verkaufsflächen um weniger Kaufkraft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen