: „Obstbäume im Kübel“
BAUMPFLEGE Der Gärtnermeister Peter Klock hat schon viele Obstgehölze zum Leuchten gebracht. Er weiß, wie das sowohl im Garten als auch auf dem Balkon funktioniert
■ 68, Gärtnermeister, führte jahrzehntelang die Baumschule „Südflora“ in Witzeeze in Schleswig-Holstein, die er vor drei Jahren an seinen Sohn übergab. Noch immer verpfropft er dort Obstgehölze für Gärten und Kübel, hält Vorträge über heimische Obstbäume und verfasst Bücher über die optimale Baumpflege.
INTERVIEW VANESSA RANFT
taz: Herr Klock, welche Obstsorten wachsen in Norddeutschland gut?
Peter Klock: In Norddeutschland wachsen aufgrund des nährstoffreichen, eher feuchten Bodens besonders Kernobstsorten wie Äpfel gut. Wenn Sie eine ältere, bewährte Sorte nehmen, haben Sie eigentlich so gut wie nie Probleme. Alte Sorten sind widerstandsfähig, weniger pflegebedürftig und nicht ohne Weiteres im Laden zu kaufen. Da lohnt es sich, die im Garten zu haben. Wir favorisieren zum Beispiel den „Finkenwerder Herbstprinzen“, einen hervorragend schmeckenden Apfel, der wunderbar wächst oder „Maren Nissen“, sehr geschmackvoll und eine echte Augenweide.
Würde auch ein Birnen- oder ein Kirschbaum Früchte tragen?
Birnen lassen sich auch gut kultivieren. Allerdings bekommt der Birnbaum sehr leicht die Pilzkrankheit Birnengitterrost. Die führt dazu, das die Blätter abfallen und die Birnenblüten, die sich vorher schon entwickelt haben, nicht mehr ernährt werden. Eine asiatische Nashi-Birne kann man hingegen sehr gut pflanzen. Sie schmeckt zuckersüß und ist gegen den Pilzbefall resistent. Kirschen können Sie auch pflanzen. Bei Kirschen müssen Sie darauf achten, das Sie eine Pflanze auf einem ganz schwachwüchsigen Wurzelstock bekommen, damit sie nicht so groß wird. Bei Pflaumen können Sie eigentlich auch alle Sorten nehmen, wenn Sie eine flachwüchsige Unterlage haben und auch Pfirsiche lassen sich gut im Garten halten. Bei Pfirsichen sollte man eine Sorte nehmen, die möglichst kräuselkrankheitenresistent ist, zum Beispiel der Hamburger Kolonistenpfirsich ist ziemlich resistent oder Revita. Also es geht alles.
Wie lassen sich Krankheiten wie der Pilzbefall vermeiden?
Durch einen optimalen Standort. Wenn der Baum möglichst sonnig und luftig steht, sodass der Wind um ihn herumpfeifen kann und er gedüngt wird, also gut versorgt ist, dann wird er kaum erkranken.
Kann Pilzbefall auch damit zusammenhängen, das man die falsche Schnitttechnik verwendet?
Ja. Wenn man zum Beispiel den Baum so beschneidet, das er in Teilen zurücktrocknet, dann können durch diese Schnittstellen Sporen eindringen und den Baum infizieren.
Welche Regeln und Schnitttechniken sind besonders zu beachten?
Grundsätzlich sollte man alle Triebe, die in die Krone hereinwachsen, herausschneiden, damit der Baum von innen locker aufgebaut ist und nicht zu dicht wächst. Die Triebe, die nach außen wachsen, sollte man über einer Knospe, die nach außen zeigt, einkürzen, damit der nächste Trieb nach außen wächst und nicht in die Krone hinein. Denn nur so können die Blätter gut belichtet werden und die Photosynthese vorantreiben.
Wie oft sollte ein Schnitt pro Jahr vorgenommen werden?
Das hängt damit zusammen, wie der Baum wächst und was der Mensch möchte, der ihn hat. Zu Anfang, wenn man einen jungen Baum kauft, sollte man dem Baum einen Pflanzschnitt geben, damit er vernünftig wächst. Und dann in den nächsten zwei, drei Jahren sollte man darauf achten, das er auch wirklich so wächst, wie man ihn gerne haben möchte. Das macht man normalerweise immer im Winter, wenn er kahl ist und man genau sieht, welchen Ast man wegschneiden muss. Wenn er älter ist, braucht man das in der Regel nicht mehr so oft zu machen, dann sollte man eben die Triebe, die in die Krone hineinwachsen, entfernen.
In der Stadt gibt es ja eher weniger Gärten. Welche Möglichkeiten haben Menschen mit einem Balkon?
Im Grunde kann man alle Obstbäume, auch in einem Kübel ziehen. Dafür müssen sie allerdings auf einer bestimmten Unterlage veredelt worden sein. Der Kübel sollte ungefähr ein Volumen von 15 oder 20 Litern haben und man muss regelmäßig düngen, weil die Bäume ja keine Wurzeln bilden können, die auslaufen, weil sie auf das Topfvolumen beschränkt sind.
Was bedeutet veredeln und wann bietet es sich an?
Bäume kann man nur durch Veredelung vermehren, die kann man nicht aus Samen ziehen. Dazu schneidet man ein kleines Triebteil des Baumes, den man veredeln möchte, ab und setzt ihn auf einen Wurzelstock. Dazu werden Triebstück und Wurzelstock schräg angeschnitten, zusammengefügt und zusammengebunden. Und nach ungefähr drei oder vier Wochen ist das angewachsen und nach weiteren drei Wochen treibt dann das oben aufgesetzte Triebstück der Edelsorte aus. Und dieses Draufsetzen auf den Wurzelstock, das nennt man Veredeln.
Gibt es auch Obstsorten, die sich in einer Wohnung aufziehen lassen?
In der Wohnung selbst ist es oftmals schwierig, weil der Baum dort nur durch die Fenster an den Seiten belichtet wird. Das Problem ist dann immer, das er nicht genügend Licht bekommt. Bei Exoten geht das schon eher: Wenn Sie einen Raum mit einem großen Fenster haben, können Sie eine Zitruspflanze halten. Die benötigt auch sehr viel Licht, muss regelmäßig gegossen und gedüngt werden – aber bei Zitruspflanzen kann das gelingen. Zum Beispiel die Calamondinorange, die kann man auch am Fenster halten.
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