piwik no script img

Polen und Deutschland: Tabulose Diplomatie

Merkel und der neue polnische Regierungschef Tusk kündigen Reparatur des deutsch-polnischen Verhältnisses an

BERLIN dpa ■ Deutschland und Polen wollen nach zweijähriger Abkühlung ihrer Beziehungen die Streitfragen zwischen beiden Ländern rasch lösen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk vereinbarten am Dienstag bei einem ersten Treffen in Berlin, kurzfristig den Jugendaustausch und die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Schulen zu intensivieren.

Bei den Hauptstreitpunkten – die Erinnerung an die Vertreibungen und die geplante Ostsee-Gasleitung zwischen Russland und Deutschland – wurde zunächst ein Informationsaustausch vereinbart. Ministerpräsident Tusk regte eine Einbeziehung Moskaus in die Pipeline-Gespräche an. Außerdem wurden baldige deutsch-polnische Regierungskonsultationen vereinbart.

„Es darf keine Tabu-Themen geben“, sagte Tusk nach dem Treffen mit Merkel. „Wir sind Freunde, und Freunde dürfen nicht miteinander nicht sprechen.“ Er habe mit Merkel in kurzer Zeit „eine gemeinsame Sprache gefunden“. Auch die Kanzlerin sagte: „Wir habe uns vorgenommen, um kein Problem einen Bogen zu machen.“ Sie fügte hinzu: „Wir können viel miteinander bewegen.“

Merkel wird eine Delegation nach Warschau schicken, die Polens Regierung detailliert über das in Berlin geplante „sichtbare Zeichen“ zur Erinnerung an die Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg informieren wird. Zugleich unterstützte die Kanzlerin den Vorschlag Tusks, in Danzig ein Museum des Zweiten Weltkriegs zu schaffen. Das Projekt sei aber kein Ersatz zu dem „Zeichen“ in Berlin.

Dies wurde von Tusk ausdrücklich anerkannt. Er lehnte aber eine Beteiligung der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, an dem deutschen Projekt ab, weil dies nicht zu Vertrauen und Versöhnung zwischen beiden Ländern beitrage. Es gehe bei dem Projekt um eine „Objektivierung und um keine Nationalisierung der Standpunkte“.

Tusk kam knapp vier Wochen nach seiner Vereidigung zu Merkel. Das Treffen hatte das Ziel, unter den Streit mit der vorherigen Regierung von Ministerpräsident Jarosław Kaczyński einen Schlussstrich zu ziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen